Schädliche Abbauprodukte in alter Sonnencreme
Damit Sonnenschutzprodukte richtig wirken können, müssen sie regelmäßig und in ausreichender Menge aufgetragen werden. Umso wichtiger ist es, dass sie frei von schädlichen Inhaltsstoffen sind. Eine neue Studie liefert nun Hinweise darauf, dass ein Inhaltsstoff vieler Sonnencremes mit der Zeit in eine krebserregende Verbindung umgewandelt werden kann.
Die richtige Anwendung von Sonnenschutzprodukten ist entscheidend dafür, dass diese die Haut vor den schädlichen Folgen der UV-Strahlung schützen können. Dazu gehört vor allem, dass eine ausreichende Menge des Produkts eingesetzt wird und dass der Schutz in regelmäßigen Abständen erneuert wird. Die tägliche Anwendung macht es besonders wichtig, dass Sonnenschutzprodukte keine schädlichen Inhaltsstoffe enthalten, die über die Haut in den Körper gelangen könnten. Ein Schadstoff, der immer wieder als Verunreinigung in verschiedenen Kosmetikprodukten nachgewiesen wird, ist das potenziell krebserregende Benzophenon. Unter UV-Licht, wie es im Sonnenlicht vorkommt, kann die chemische Verbindung nachgewiesenermaßen das Erbgut verändern und dadurch die Entstehung von Krebs fördern. So entwickelten Mäuse, denen man Benzophenon in die Nahrung gegeben hatte, vermehrt verschiedene Formen von Leberkrebs und andere Krebsarten. Zusätzlich scheint Benzophenon in den Stoffwechsel der Schilddrüse einzugreifen. Sein Abbauprodukt p-Hydroxybenzophenon wirkt außerdem ähnlich wie das weibliche Geschlechtshormon Östrogen.
Test mit 17 Sonnenschutzprodukten
Die Verwendung von Benzophenon in Kosmetikprodukten ist in vielen Ländern verboten. Dennoch kann es in Sonnencremes gelangen und zwar als Verunreinigung des häufig zugesetzten Octocrylens. Noch schlimmer ist allerdings, dass eine Studie nun einen Verdacht bestätigt, den Wissenschaftler schon länger hatten: Offensichtlich kann Octocrylen in Sonnencreme unter bestimmten Umständen zu Benzophenon abgebaut werden. Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler aus Frankreich und den USA neun Sonnenschutzprodukte aus Europa und acht aus den Vereinigten Staaten auf das Vorkommen von Benzophenon. Einmal wurden die Präparate direkt nach dem Kauf untersucht, ein zweites Mal nachdem sie für sechs Wochen unter hoher Luftfeuchte bei 40 °C aufbewahrt worden waren. Auf diese Weise simulierten die Forscher einen Zustand, wie er erreicht wird, wenn die Produkte ein Jahr lang unbenutzt im Regal stehen. Alle Produkte bis auf eines, das als Kontrolle diente, enthielten laut Packungsbeilage Octocrylen.
Menge an Benzophenon nimmt zu
Im ersten Schritt untersuchten die Wissenschaftler, ob sich in den Produkten überhaupt Benzophenon nachweisen lässt und falls ja, ob dabei ein Zusammenhang mit dem Vorkommen von Octocrylen besteht. Tatsächlich wurde in allen 16 Sonnenschutzprodukten, die Octocrylen enthalten, auch Benzophenon nachgewiesen, während das Produkt ohne Octocrylen kein Benzophenon aufwies. Offensichtlich besteht hier ein Zusammenhang zwischen den beiden Verbindungen, doch noch ließ sich nicht sagen, ob das Benzophenon als Verunreinigungen in die Produkte geraten ist oder ob es sich um ein Abbauprodukt von Octocrylen handelte. Diese Frage klärte der Vergleich der frischen mit der gealterten Sonnencreme: Da sich die durchschnittliche Menge an Benzophenon in den Sonnenschutzprodukten in den sechs Wochen des künstlichen Alterungsprozesses fast verdoppelte, musste es durch die Umwandlung einer anderen Verbindung entstanden sein. Das Produkt ohne Octocrylen wies auch nach dem Alterungsprozess kein Benzophenon auf.
Umweltbelastung mit Benzophenon nimmt zu
Octocrylen lässt sich durch das Anfügen einer chemischen Gruppe aus Benzophenon herstellen (Abbildung). Auf diese Weise produziertes Octocrylen enthält oft noch Reste des Ausgangsstoffs, die sich auch durch Reinigungsschritte nicht ganz entfernen lassen. Hinzu kommt, dass die Umwandlung von Benzophenon in Octocrylen umkehrbar ist, das heißt sie kann auch in Gegenrichtung ablaufen, so dass wieder Benzophenon entsteht. Da Octocrylen derzeit in Sonnenschutz- und Pflegeprodukten sehr verbreitet ist, sind die neuen Erkenntnisse von weitreichender Bedeutung. Schätzungen zufolge werden 70 Prozent des Benzophenons über die Haut aufgenommen. Langfristiger Kontakt könnte zu Kontaktallergien oder im schlimmsten Fall zu Leberschäden führen. Ein weiteres Problem ist, dass sich Benzophenon auch in der Umwelt, vor allem im Wasser, immer stärker ansammelt.
Angebrochene Sonnencreme konsequent entsorgen
Am besten wäre es deshalb, bei der Herstellung von Sonnencreme ganz auf Octocrylen zu verzichten. Möglicherweise ließe sich aber auch dessen Umwandlung in Benzophenon unterbinden. Hinweise darauf, dass die genaue Zusammensetzung der Produkte mitbestimmt, wie effektiv die Umwandlung abläuft, gibt es bereits. Für den Verbraucher ergibt sich aus der Studie vor allem eine Konsequenz: Sonnenschutzprodukte sollten nach dem Saisonende konsequent entsorgt werden. Zwar wird dies schon länger empfohlen, weil die Wirksamkeit der Produkte mit der Zeit verloren gehen kann, doch gerade bei teuren Produkten schrecken viele Verbraucher dafür zurück. Hier müssen wir umdenken, denn Sonnenschutzprodukte sollen vor Hautkrebs schützen und nicht potenziell krebserregende Substanzen in den Körper einbringen.
A. Downs et al. (2021). Benzophenone accumulates over time from the degradation of octocrylene in commercial sunscreen products. Chem. Res. Toxicol., https://doi.org/10.1021/acs.chemrestox.0c00461