Zusammenfassung
Die periorale Dermatitis ist eine häufig vorkommende Hauterkrankung, die sich um den Mund (perioral), die Nase (perinasal) oder die Augen (periokulär) ausbilden kann. Neben Pflegefehlern, insbesondere dem Auftragen zu stark abdeckender Gesichtscremes sind äußerlich eingesetzte Kortisonpräparate häufige Auslöser. Die Krankheit ist nicht ansteckend, verläuft unbehandelt jedoch monatelang.
Auf einen Blick
+ Auftreten vor allem im Alter zwischen 20-45 Jahren, Frauen wesentlich häufiger betroffen
+ Symptome flächige Rötungen und Knötchen im Bereich der mundnahen Gesichtshaut unter Aussparung der unmittelbar an die Lippen angrenzenden Haut, auch Veränderungen um die Nase und Augen möglich
+ Einflussfaktoren Missbrauch kortisonhaltiger Cremes und Kosmetika, Allergieneigung
+ Ansteckungsgefahr keine
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Einführung
Bei der perioralen Dermatitis, im Volksmund auch Mundrose oder Stewardessen-Krankheit genannt, handelt es sich um eine nicht-infektiöse Hauterkrankung, die durch entzündliche Knötchen (Papeln) und Knötchen mit zentraler Eiterblase (Papulopusteln) charakterisiert ist. Die Krankheit hat mitunter verschiedene Gesichter: Ein ausschließlicher Befall um den Mund herum (perioral) kommt in fast 40% der Erkrankungsfälle vor (s. Abbildung). Der periorale und perinasale (um die Nase herum) Befall ist mit fast 15% die zweithäufigste klinische Ausprägungsform (s. Abbildung), gefolgt vom ausschließlich perinasalen Befall. Allerdings kann die Erkrankung auch um die Augen (periokulär) mit und ohne gleichzeitigen Befall weiterer Stellen auftreten, weshalb auch der Begriff „periorifizielle Dermatitis“ (Hautveränderungen um die Gesichtsöffnungen lokalisiert) vorgeschlagen wurde.
Die Störungen (Läsionen) entwickeln sich auf unveränderter Haut oder innerhalb schuppender Rötungen (Erytheme). Charakteristischerweise reichen die Hautveränderungen nicht direkt an das Lippenrot heran, wodurch eine schmale, von Hautveränderungen (Effloreszenzen) freie Zone im Bereich von Ober- und Unterlippe entsteht.
Ursächlich werden die Hautveränderungen bei einer Mundrose als Folge einer Hautbarrierestörung gesehen. Dies zeigt sich auch durch ein gehäuftes Auftreten der Hauterkrankung bei Menschen, die zu Überempfindlichkeiten neigen (Atopikern). Die Auslöser der Hauterkrankung können sehr vielgestaltig sein. Unbehandelt vergehen bis zur Abheilung häufig viele Monate. Neue Untersuchungen zu möglichen Auslösern vermuten Stäbchenbakterien, die an den Wurzeln von Vellushaaren bei Patienten mit perioraler Dermatitis nachgewiesen wurden. Diese Bakterien wurden bei Patienten mit Rosazea oder seborrhoischem Ekzem nicht gefunden.
Auch bei Kindern tritt die periorale Dermatitis auf. Eine aktuelle amerikanische Untersuchung hat gezeigt, dass es bei Kindern keine Geschlechterbevorzugung der Erkrankung gibt. Das Durchschnittsalter der Kinder mit perioraler Dermatitis lag bei sechs Jahren. Bei fast 60% der betroffenen Kinder wurden vorher aufgrund von Begleiterkrankungen äußerlich Kortikoide eingesetzt. In unserem Artikel zur perioralen Dermatitis im Kindesalter finden Sie weitere Informationen zur Studie.
Ursachen und Auslöser
Die Erkrankung tritt häufiger bei Vorliegen einer atopischen Veranlagung auf, d.h. bei Patienten mit einer Neigung zu allergischen Reaktionen wie Neurodermitis, Heuschnupfen oder Asthma. Insbesondere bei der Neurodermitis ist die Störung der Hautbarriere ein charakteristisches Kennzeichen. Die zu einer Mundrose führenden Ursachen können sehr vielgestaltig sein (s. Tabelle).
Tabelle: Bekannte Provokationsfaktoren der perioralen Dermatitis
Pflegepräparate | zu stark okkludierende (verschließende) Pflegeprodukte, z.B. Kälteschutzpräparate |
Sonnenschutzmittel | insbesondere bei Verwendung von Präparaten mit hohen UV-Filtern auf physikalischer Grundlage aufgrund der Okklusion der Haut |
Glukokortikoide | äußerlich (Creme, Salbe), inhalativ (Asthmaspray), Nasenspray (Heuschnupfen) |
Insbesondere im Kindesalter muss nach dem verwendeten Sonnenschutzpräparat gefragt werden. In den ersten Jahren werden von den Müttern überwiegend Präparate auf physikalischer Grundlage verwendet (man erkennt sie am „Weißeleffekt“ nach dem Auftragen), die die Haut wie eine Teerschicht abdecken. Unter UV-Einstrahlung kommt es zum verstärkten Schwitzen und dadurch zu einer Störung der Hautbarriere. Der zunehmende Einsatz von Pflegepräparaten bei Männern erklärt die Zunahme der männlichen Erkrankungszahlen in den letzten Jahren.
Symptome und Krankheitsverlauf
Die periorale Dermatitis tritt in Form eines Hautausschlags im Gesicht auf – üblicherweise im Bereich um den Mund herum (perioral). Typische Symptome sind ein brennendes und spannendes Hautgefühl. Teilweise kommt es zu Schuppenbildung und Juckreiz. Die betroffenen Stellen im Gesicht sind gerötet, geschwollen und es bilden sich rote Knötchen (Papeln) und eventuell Bläschen (Vesikel), die mit Eiter gefüllt sein können (Pusteln).
Um die Lippen verbleibt ein schmaler, nicht befallener Randsaum. Die Symptome tauchen manchmal auch an weiteren Stellen im Gesicht auf, beispielsweise um die Augen herum (periokulär), an den Nasenflügeln (perinasal) oder auf den Wangen in symmetrischer Anordnung. Die periorale Dermatitis kann sich auch auf Kinn, Stirn, die seitlichen Augenwinkel sowie Unter- und Oberlider ausbreiten. Selten breitet sie sich auf das ganze Gesicht oder sogar den Hals aus.
Die Symptome der perioralen Dermatitis ähneln der Gürtelrose (einer durch das Windpockenvirus hervorgerufenen Hauterkrankung), weshalb die Krankheit im Volksmund auch als Mundrose bekannt ist.
UV-Licht, mechanische Reizung und hormonelle Schwankungen können möglicherweise die Beschwerden bei einer Mundrose verstärken. So werden die Symptome zum Beispiel bei Frauen unmittelbar vor Beginn der Menstruation häufig verstärkt.
Die periorale Dermatitis ist eine chronische oder chronisch-rezidivierende (immer wiederkehrende), jedoch nicht ansteckende Erkrankung. Zudem ist die Mundrose ungefährlich, da sie die Hautschichten nicht zerstört und keine Narben hinterlässt. Die Dauer des Krankheitsverlaufs kann von Wochen bis hin zu mehreren Monaten betragen. Frauen erkranken ca. 20-mal so häufig wie Männer. Besonders häufig betroffen sind Frauen im Alter von 25 bis 40 Jahren, die Wert auf ein gepflegtes Äußeres legen. Deshalb wird die periorale Dermatitis auch als Stewardessen-Krankheit bezeichnet.
Das äußere Erscheinungsbild während der Akutphase der Mundrose ist oftmals als entstellend zu bezeichnen und daher ist die Erkrankung für den Patienten meist sehr belastend.
Diagnose und Differentialdiagnose
Die Symptome bestehen hauptsächlich aus entzündliche Knötchen (Papeln) und Knötchen mit zentraler Eiterblase (Papulopusteln). Die Diagnose der perioralen Dermatitis erfolgt durch eine normale Untersuchung des Facharztes und der Befragung des Patienten. Erkrankungsspezifische Laborparameter, die auf eine periorale Dermatitis verweisen, gibt es nicht. Als Differentialdiagnosen, also fälschliche Diagnosen ähnlicher Krankheiten, kommen insbesondere Akne und Rosazea infrage (s. Tabelle), sowie Herpes.
Tabelle: Differentialdiagnosen der perioralen Dermatitis und Abgrenzungsmöglichkeiten
Rosazea | häufig typischer Kinn- und Stirnbefall, Papulopusteln deutlich ausgeprägter, zusätzlich Teleangiektasien (rote Blutäderchen unter der Haut), Verschlechterung durch Temperaturänderungen und Alkohol |
Akne | immer zusätzlich Komedonen (Mitesser) |
Die periorale Dermatitis ist eine typische Blickdiagnose. Vor allem die Aussparung des unmittelbaren Lippenbereichs durch die Hautveränderungen weist auf die korrekte Diagnose. Juckreiz fehlt häufig völlig, kann jedoch in einzelnen Fällen bestehen und dann durchaus auch intensiv vom Patienten wahrgenommen werden. Dieser stärkere Juckreiz steht vielfach mit einer sehr trockenen Haut in Verbindung. Probleme bereiten können Varianten der perioralen Dermatitis um die Nase und um die Augen herum.
Therapie und Behandlung
Ohne adäquate Behandlung verläuft die Erkrankung über viele Monate. Das konsequente Weglassen bekannter Provokationsfaktoren ist wichtig. Eine Nulltherapie, d.h. absolutes Meiden jeglicher äußerlicher Behandlungen stellt zwar eine Therapieoption dar, ist jedoch nicht notwendig und wird von vielen Patienten auch abgelehnt.
Die Behandlung erfordert verschreibungspflichtige Arzneimittel (s. Tabelle). Überwiegend ist eine Abheilung durch eine äußerlich geführte Behandlung zu erzielen.
Die initiale Behandlung einer Mundrose erfolgt topisch mit Metronidazol. Dabei handelt es sich um ein Antibiotikum, das zusätzlich über starke antientzündliche Eigenschaften verfügt. Nach zwei Wochen ist ein deutliches Abklingen der Hautveränderungen zu erwarten, eine vollständige Abheilung nach circa sechs bis acht Wochen.
Zeigt sich drei Wochen nach Therapie-Einleitung mit Metronidazol keine Verbesserung der Symptomatik ist eine Kombination mit einem zweiten topischen Antibiotikum (Erythromycin) möglich. Gelingt auch hierunter keine Abheilung kommen orale Behandlungsmöglichkeiten unter Verwendung von Antibiotika zum Einsatz (s. Tabelle).
Tabelle: Therapie der perioralen Dermatitis
I. Metronidazol topisch | Metronidazol 1% in Unguentum emulsificans aquosum, 1 x abds, bei guter Verträglichkeit morgens und abends Fertigarzneimittel: Rosiced® Creme, Metroceme® |
falls keine Verbesserung: II. zusätzlich tagsüber: Erythromycin topisch | Erythromycin 1% oder 2% Tween in Linola® Emulsion oder Erythromycin 1% oder 2% -Creme (NRF11.77.) |
falls keine Abheilung III. zusätzlich: Tetrazyklin oder | 250mg zweimal für 2-3 Wochen |
Doxycylin oder | 100mg einmal täglich für 2-3 Wochen |
Minozyklin oder | 100mg einmal täglich für 2-3 Wochen |
Erythromycin | 250mg zwei- bis dreimal täglich für 4-6 Wochen |
Weitere äußerlich anzuwendende Wirkstoffe, die in wenigen Fällen eingesetzt werden, sind Azelainsäure (Skinoren®) und Pimecrolimus (Elidel®). Patienten fragen häufig nach einer geeigneten Hautpflege unter der medizinischen Behandlung. Aufgrund einer klinischen Studie ist Toleriane® Fluide zu empfehlen und stellt eine leichte Pflege speziell für empfindliche Haut dar, die sich durch den Verzicht auf Duft- und Konservierungsstoffe, Parabene und Emulgatoren auszeichnet und keine Wirkstoffe gegen Mitesser enthält. Letztlich lässt sich noch sagen, dass nach erfolgreicher Abheilung der Beschwerden bei konsequenter Meidung der Provokationsfaktoren die Rezidivrate, also das erneute Auftreten der Erkrankung, im Allgemeinen gering ist.
Lesen Sie auch unseren neuesten Beitrag über eine Studie mit Praziquantel zur Behandlung der perioralen Dermatitis.
Quellen und weiterführende Literatur
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