Lipödem

Das Lipödem ist eine Erkrankung, die vorwiegend Frauen betrifft. Das Auftreten der Erkrankung wird häufig zunächst nicht erkannt und mit der Fehldiagnose Adipositas verwechselt. Die Betroffenen versuchen ihre vermehrten Fettansammlungen durch übermäßigen Sport und Diät zu bekämpfen, aber erfolglos.
Ein Fachbeitrag von
Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie
Lipödem

Zusammenfassung

Das Lipödem ist eine Erkrankung, die vorwiegend Frauen betrifft. Das Auftreten der Erkrankung wird häufig zunächst nicht erkannt und mit der Fehldiagnose Adipositas verwechselt. Die Betroffenen versuchen ihre vermehrten Fettansammlungen durch übermäßigen Sport und Diät zu bekämpfen, aber erfolglos. Folge ist eine extreme psychische Belastung und das Gefühl der Hilflosigkeit. Nach der Diagnosestellung des Lipödems kann eine konservative Therapie mit Kompressionswäsche und regelmäßige Lymphdrainage lebenslang angewandt werden. Ein Fortschreiten der Erkrankung ist dadurch nicht zu verhindern. Die operative Therapie in Form einer Liposuktion (Fettabsaugung) kann die Symptome deutlich verbessern und ein Wiederauftreten in den meisten Fällen verhindern oder deutlich verlangsamen.

Auf einen Blick

+ Auftreten ausschließlich bei Frauen, vor allem in der Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause

+ Symptome säulenartige dicke Beine ab dem Knöchel, Diskrepanz zwischen Ober- und Unterkörper, Schweregefühl in den Beinen und Armen, Schmerzen in den Beinen, Druck- und Berührungsempfindlichkeit, blaue Flecke, psychische Belastung

+ Einflussfaktoren hormonelle Veränderungen, genetische Veranlagung

+ Ansteckungsgefahr keine

+ Therapieempfehlung Liposuktion, konservative Therapie mit Kompressionswäsche und regelmäßige Lymphdrainage
Sehr sportliche, durchtrainierte Patientin, deutlich sichtbare Bauchmuskulatur bei schlankem Oberkörper und unverhältnismäßig dicken, säulenartigen Beinen

Einführung

Bei einem Lipödem handelt es sich um eine chronische und progrediente Erkrankung, die nahezu ausschließlich bei Frauen auftritt. Auslöser ist meist eine hormonelle Veränderung: während der Pubertät, Schwangerschaften oder mit der Menopause. Somit kann die Erkrankung bereits in jungen Jahren auftreten. Die Fettverteilung im Körper ist gestört, eine deutliche Disproportion zwischen Stamm und Extremitäten ist für diese Erkrankung kennzeichnend.

Der Grund für dieses Erscheinungsbild ist eine lokalisierte symmetrische Unterhautfettvermehrung der unteren und oberen Extremität. Sowohl Druck- und Berührungsempfindlichkeit als auch Hämatome ohne erinnerliches Trauma sind typische Symptome der Lipödem Erkrankung.

Die Zahl der betroffen Frauen ist nicht exakt zu benennen. Der Grund liegt in der verbreiteten Unsicherheit bezüglich der Diagnosestellung. Neben nicht erkannten und somit nicht diagnostizierten Lipödem-Erkrankungen, erhalten auch Frauen die Diagnose, die nicht die Kriterien einer Lipödem-Erkrankung erfüllen.

Ein ähnliches Krankheitsbild bei Männern wird nur bei ausgeprägten Hormonstörungen oder bei einer Leberzirrhose beschrieben.

Lipödem bei sportlicher Patientin
Sehr sportliche, durchtrainierte Patientin, deutlich sichtbare Bauchmuskulatur bei schlankem Oberkörper und unverhältnismäßig dicken, säulenartigen Beinen
Lipödem Beine bei schlanker Patientin
Deutlich schlanke Patientin, Diskrepanz zwischen Ober- und Unterkörper, verwaschene Knie und „Hotspot“ Unterschenkel proximal Fettansammlung
Lipödem Beine ausgeprägter Befund
Ausgeprägter Befund, schlanke Füße, Beginn des Lipödem ab Knöchel nach oben mit ausgeprägten Fettansammlungen proximaler Unterschenkel und Oberschenkel-Innenseiten, dadurch X-Bein-Stellung mit im weiteren Verlauf zu erwartender Kniegelenksarthrose
Lipödem Beine mit Adipositas
Ausgeprägter Befund, kombiniert mit einer Adipositas, trotzdem sehr eindrücklich die verhältnismäßig schlanken Füße mit Kragen-Phänomen ab Knöchel aufwärts

Ursachen und Auslöser

Sowohl der Pathomechanismus des Lipödems als auch die Rolle der Hormone und deren Rezeptoren ist weiterhin unbekannt. Eine genetische Komponente ist anzunehmen, da in über 60 % der Fälle eine familiäre Komponente beschrieben wird.

Einen Nachweis für die genetische Veränderung hat sich die Arbeitsgruppe Lipödemforschung München zum Ziel gesetzt. In einer aktuellen Gentest-Studie werden Blutproben von Lipödem-Patientinnen mit den Blutproben von gesunden Frauen getestet, um eine genetische Veränderung nachzuweisen.

Die lokalen diät- und sportresistenten Fettansammlungen an Extremitäten sind zum einen durch Hypertrophie und Hyperplasie der Fettzellen zu erklären, zum anderen durch eine Volumenzunahme, die durch Wasseransammlungen verursacht wird. Testet man die Lymphgefäße von Patientinnen mit einem reinem Lipödem auf ihre Transportfähigkeit, zeigen sich keine pathologischen Werte. Erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung versagen die Lymphgefäße, dies hat die Entstehung eines sekundären Lymphödems (sogenanntes Lipolymphödem) zur Folge. Ein positives Stemmersches Zeichen muss hier nicht unbedingt immer vorliegen. Histologisch ist eine Sklerose und Papillomatose durch Fibroplastenproliferation in der Dermis nachzuweisen. Die mechanische Insuffizienz entsteht durch eine zunehmende Fibrosierung des Unterhautfettgewebes.

Neben Veränderungen des Bindegewebes liegt zusätzlich eine Kapillarpermeabilitätsstörung vor, die wiederum der Grund für eine vermehrte Flüssigkeitsabgabe aus dem Gefäßsystem ins Interstitium ist. Fettzellen fungieren hierbei wie eine Art Schwamm und saugen die Flüssigkeit auf. Dabei entsteht ein Teufelskreis: Die mit Flüssigkeit prall gefüllten Fettzellen drücken vermehrt auf das Gefäßsystem, es wird noch mehr Flüssigkeit ins Interstitium abgegeben und gleichzeitig werden die Lymphgefäße komprimiert und können noch weniger Flüssigkeit abtransportieren. Dieser Mechanismus erklärt auch, warum mit Diäten und Sport das Fortschreiten der Fettansammlungen nicht zu beeinflussen ist.

Eine erhöhte Kapillarfragilität ist ursächlich für die Hämatomneigung.

Symptome und Krankheitsverlauf

In den meisten Fällen beginnt die Erkrankung in der Pubertät. Viele Frauen lei­den zunächst unter den so genann­ten „Rei­ter­ho­sen” – zu erkennen an einer hart­nä­cki­gen Fett­an­samm­lung am Über­gang vom Gesäß zu den Ober­schen­keln. Im weiteren Verlauf nimmt das Volumen an den Beinen unverhältnismäßig und unabhängig von der Nahrungsaufnahme zu. (Daher ist der allgemein gültige BMI = Body Mass Index bei Lipödem-Patientinnen auch nur begrenzt einzusetzen.  Es handelt sich bei einer Gewichtszunahme nicht um eine alleinige Hypertrophie und Hyperplasie der Fettzellen durch übermäßige Kalorienzufuhr, sondern in erster Linie um Wasseransammlungen in den Fettzellen und im Interstitium. )

Die Veränderungen treten immer symmetrisch auf. Die Fettvermehrung verteilt sich homogen über Ober- und Unterschenkel mit typischen Kalibersprung zur angrenzenden gesunden Region. Diesen Kalibersprung bezeichnet man als „Muff“, „Türkenhosenphänomen“, „Kragenbildung“. Die Füße sind schlank.

Zu Beginn der Lipödem-Erkrankung sind die Arme äußerst selten betroffen. Meistens entwickelt sich im Lauf der Zeit eine Volumenzunahme, beginnend an den Oberarmen, in einem fortgeschrittenen Stadium auch an den Unterarmen. Die Hände bleiben ausgespart.

Das Fortschreiten der Erkrankung tritt entweder in Schüben (meistens bei hormonellen Veränderungen wie z.B. Einnahme oder Absetzen der Pille, Einsetzen des Nuvaringes, Schwangerschaften, Kinderwunschbehandlungen) oder schleichend auf.

Es ist ganz unterschiedlich wann neben der körperliche Veränderung, Symptome wie Schmerzen, Schwere der Beine, erhöhte Druck- und Berührungsempfindlichkeit, Kältegefühl und vermehrte Hämatomneigung auftreten.

Das Auftreten von Symptomen variiert stark und steht nicht in direktem Verhältnis zum Volumen. So können augenscheinlich sehr schlanke Lipödem-Patientinnen unter starken Schmerzen, Druck- und Berührungsempfindlichkeit und extremem Schmerzgefühl der Beine leiden und Patientinnen mit einem ausgeprägten Befund nahezu beschwerdefrei sein.

Die ver­schie­de­nen Sta­dien der Lipö­de­mer­kran­kung

Das Lipö­dem wird in drei Sta­dien ein­ge­teilt, wel­che die Struk­tur des Gewe­bes und die Tex­tur der Haut beschrei­ben. Bei die­ser gän­gi­gen Form der Sta­di­en­ein­tei­lung ist ein sehr wich­ti­ger Para­me­ter des Lipö­dems nicht berück­sich­tigt: der Schmerz.

Bereits im Sta­dium 1 – bei dem die Haut­ober­flä­che noch sehr glatt scheint – kön­nen Pati­en­tin­nen unter mas­si­ven Schmer­zen in den Extre­mi­tä­ten lei­den, wel­che lan­ges Gehen und Ste­hen unmög­lich machen. Ein sol­cher Befund muss jedoch anders the­ra­piert wer­den, als der einer Pati­en­tin, die nur geringe Schmerzen hat oder sogar schmerzfrei ist.

Sta­di­en­ein­tei­lung

Sta­dium IHaut­ober­flä­che glatt, Unter­haut­fett ver­dickt, Fett­struk­tur fein­kno­tig.
Sta­dium IIHaut­ober­flä­che uneben, Fett­struk­tur grob­kno­tig.
Sta­dium IIIGewebe zusätz­lich der­ber und här­ter, groß­lap­pig defor­mie­rende Fett­lap­pen.

Eine Progression zum Liplymphödem – einem Lipödem mit sekundären Lymphödem- kann in jedem Stadium abhängig von Komorbitäten (z.B. Adipositas) stattfinden. Eine begleitend bestehende Adipositas kann den Verlauf und das Beschwerdebild des Lipödems verschlechtern.

Ein­tei­lung nach Typen

Im Gegen­satz zur Sta­di­en­ein­tei­lung, wel­che die Beschaf­fen­heit der Haut und des Gewe­bes betrach­tet, rücken bei der Klas­si­fi­zie­rung nach Typen die betrof­fe­nen Kör­perareale in den Fokus. Es gibt auch Mischbilder der genannten Typen in einer Person.

Ein solitäres Lipödem der Arme ist extrem selten.

Typen
Typ 1Fett­ge­webs­ver­meh­rung im Bereich von Gesäß und Hüf­ten (Rei­ter­ho­sen­phä­no­men).
Typ 2Das Lipö­dem reicht bis zu den Knien, Fett­lap­pen­bil­dun­gen im Bereich der Kni­ein­nen­seite.
Typ 3Das Lipö­dem reicht von den Hüf­ten bis zu den Knö­cheln.
Typ 4Arme und Beine sind bis zu den Hand­ge­len­ken / Knö­cheln, also mit Aus­nahme der Füße und Hände betrof­fen.
Typ 5Lipolymphö­dem mit ver­mehr­ter Was­ser­ein­la­ge­rung in Hand- und Fuß­rü­cken sowie Fin­gern und Zehen.

Die Erkrankung ist chronisch progredient. Der Progress ist nicht vorhersehbar und individuell unterschiedlich. 

Diagnose und Differentialdiagnose

Diagnostik

Die Diagnostikstellung des Lipödems erfolgt in erster Linie durch die Erhebung der Anamnese, Inspektion und Palpation.

Anamnese

Beginn der Erkrankung – Zeitgleich mit einer hormonellen Veränderung? (Pubertät, Schwangerschaft, Menopause, Kinderwunschbehandlung)

Häufige bestehen Begleiterkankungen wie:Migräne
Hypothyreose
Hashimoto Thyreoditis
Veneninsuffizienz
Polyzystisches Ovarialsyndrom
BeschwerdenEntstehen leicht blaue Flecke ohne erinnerliches Trauma?
Besteht eine Druck- und Berührungsempfindlichkeit?
Beschreiben Patientinnen eine „Schwere der Beine“?
Beschrieben Patientinnen eine Volumenzunahme im Lauf des Tages?
Bestehen Schmerzen in Ruhe?
Bestehen Schmerzen am Abend /in der Nacht?
Werden die Beine bei Kälte nicht richtig warm?
InspektionBesteht eine Diskrepanz zwischen Ober- und Unterkörper?
Sind die Knie nicht definiert?
Ist auf den Oberschenkelvorderseiten eine unruhige Struktur (Matrazenphänomen) ähnlich Cellulite zu sehen?
Sind die Füße und Hände schlank?
Sieht man am Knöchel ein Kragenphänomen?
Kann man unterhalb des Knies am Unterschenkel innen ein Fettpolster sehen?
PalpationIst das Stemmer Zeichen negativ?
Empfindet die Patientin ein leichtes „Kneifen“ des Gewebes an den Beinen als sehr unangenehm oder schmerzhaft?
Tastet man kleine harte Knötchen im Gewebe?

Wenn bei Patientinnen die meisten Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Lipödem.

Differentialdiagnostisch sollten immer andere Ursachen für Beinödeme wie eine chronische Veneninsuffizienz, kardiologische oder endokrinologische  Erkrankungen in Betracht gezogen werden. Hierzu können weitere diagnostische Maßnahmen notwendig sein.

Eine Lymphszintigrafie ist bei einem Lipödem nicht indiziert, da bei einem primärem Lipödem keine Lymphabflussstörung vorliegt.

Die Erkennung eines Lipödems ist erschwert, wenn begleitend oder tatsächlich nur eine Adipositas besteht.

Zur Verlaufskontrolle wird empfohlen ein Ernährungs- und Bewegungstagebuch zu führen und tägliche Gewichtskontrollen, sowie Umfangs-Volumenmessungen der Extremitäten zu dokumentieren. Sollte bei Reduktion des Gesamtgewichtes und Stammfettes eine Volumenreduktion an den Extremitäten fehlen, kann dies differentialdiagnostisch versus Adipositas hilfreich bei der Diagnosefindung sein.

Wichtig! Für Lipödem Patientinnen sind folgende Verlaufsparameter geeignet

1. Waist-Hip-Ratio (WHR) – Taille-Hüft -Verhältnis

2. Waist-Height- Ratio (WTR) – Taille zu-Größe -Verhältnis

3. Umfangs- und Volumenmessungen der Extremitäten

Therapie und Behandlung

Konservative Behandlung

Konservative Maß­nah­men zie­len meist dar­auf ab, den Was­ser­ein­la­ge­run­gen ent­ge­gen­zu­wir­ken und den Lymph­fluss wie­der anzu­regen und zu unterstützen. Dies hat zur Folge, dass die Schwel­lun­gen in Armen und Bei­nen zurückgehen­, die Beschwerden reduziert werden und die Patientinnen sich deutlich besser bewegen können.

Durch die kon­ser­va­tive The­ra­pie kommt es nicht zur Reduk­tion von Fett­zel­len, son­dern ledig­lich zu einer Ent­stau­ung durch einen ver­bes­ser­ten Lymph­fluss. Damit kann Pati­en­tin­nen zwar kurz­zei­tig gehol­fen wer­den und im bes­ten Fall schrei­tet die Erkran­kung durch kon­ser­va­tive Maß­nah­men nicht wei­ter fort, eine dau­er­hafte Bes­se­rung tritt jedoch nicht ein.

Da es sich beim Lipö­dem wie erwähnt nicht um die Folge mas­si­ven Über­ge­wichts han­delt, kann die Fett­re­duk­tion auch nicht durch strenge Diä­ten oder übermäßige sportliche Aktivität erzwun­gen wer­den.

Kombiniert physikalische Entstauungstherapie (KPE)

Die KPE beinhaltet :

    1. 1. manuelle Lymphdrainage
    1. 2. Kompressionstherapie
    1. 3. Bewegungstherapie
    1. 4. Hautpflege

Sie gliedert sich in eine Entstauungs– und eine nachfolgende Erhaltungsphase.

Entstauungsphase: Durch Lymph­drai­na­gen­ der betrof­fe­nen Extre­mi­tä­ten wird zunächst der Lymph­fluss ange­regt, so dass über­schüs­sige Lymph­flüs­sig­keit leich­ter abflie­ßen kann. Im Anschluss erfolgt eine Ban­da­gie­rung, die über Nacht belas­sen wer­den kann, sodass der Effekt der Lymph­drai­nage län­ger anhält.

Erhaltungsphase: Nach der Entstauungsphase erfolgt die Erhaltungsphase mit Kompressionsstrümpfen. Bevorzugt werden hier maßangefertige flachgestrickte Kompressionsstrümpfe der Klasse II.

Temporär bewirkt die KPE eine Umfangs­re­du­zie­rung und in vie­len Fäl­len einen Rück­gang der Schmer­zen. Anhal­tende Bes­se­run­gen bleiben aber trotz konsequenter Durchführung häufig lei­der aus.

Diä­ten

Eine Volumenreduktion der betrof­fenen Areale ist selbst bei regel­mä­ßi­gem Sport und stren­ger Diät nicht oder kaum möglich. Das Fett bleibt, wäh­rend der Rest des Kör­pers – ins­be­son­dere der Ober­kör­per – an Masse abnimmt. Dies bedeu­tet jedoch nicht, dass Lipö­dem-Pati­en­tin­nen nicht auf eine gesunde und aus­ge­wo­gene Ernäh­rung ach­ten soll­ten. Gewichts­zu­nah­men haben einen nach­weis­lich schlech­ten Ein­fluss auf das Lipödem.

Manche Lipödem Patientinnen bemerken auch eine Verschlechterung des Befundes durch übermäßige Kohlenhydratzufuhr. Eine sogenannte Low Carb Diät kann in manchen Fällen ein übermäßiges Einlagern von Wasser im Gewebe reduzieren.

Bewegungstherapie

Das Lipödem ist allein durch Sport nicht zu behandeln. Es gibt sogar Sportarten wie Joggen oder Krafttraining, die das Lymphsystem belasten und zu vermehrten Beschwerden führen können. Durch das Tragen von Kompressionswäsche kann man bei diesen Sportarten das Lymphsytem unterstützen.

Generell ist regelmäßige Bewegung immer anzuraten, um das  Herz- Kreislauf -System und den Lymphabfluss anzuregen.

Besonders geeignet sind alle Sportarten im Wasser wie z. B. Aquajogging, Aquacycling und Schwimmen. Durch den Druck des Wassers wird der Lymphabfluss -ähnlich einer manuellen Lymphdrainage -angeregt und das Gewebe entstaut.  Zudem ist diese Form des Sportes sehr gelenkschonend und für jedes Stadium und Gewicht geeignet.

Die ope­ra­tive Therapie

Kon­ser­va­tive Behand­lun­gen, wie eine Ent­stau­ungs- oder Bewe­gungs­the­ra­pie brin­gen meist nur eine tem­po­räre Lin­de­rung der Sym­ptome. Nach­hal­ti­gen Erfolg bringt die ope­ra­tive The­ra­pie des Lipö­dems. Bei einer Lipo­suk­tion kön­nen Fett­zel­len entfernt wer­den. Geschieht dies gründlich, kommt es in den allermeisten Fällen zu keinem Rezidiv an den abgesaugten Arealen. Allerdings können nach gründlicher Absaugung der Beine die Arme eine vermehrte Volumenzunahme erfahren.

Durch die scho­nende Fein­na­del­ab­sau­gung wird das Fett­ge­webe stark redu­ziert. Je nach Fett­ver­tei­lung kön­nen in Voll­nar­kose bis zu 8-10  Liter Fett in einer OP abge­saugt wer­den.

Dadurch kann in dem Bin­de­ge­webe weni­ger Was­ser gespei­chert wer­den und der Gewe­be­druck nimmt ins­ge­samt stark ab. Dies lässt wie­derum einen bes­se­ren Ab­trans­port der Lymph­flüs­sig­keit zu und die Emp­find­lich­keit der kleins­ten Blut­ge­fäße nimmt all­mäh­lich ab. Meist wird bereits nach Abklin­gen der Ope­ra­ti­ons­schmer­zen ein Rück­gang des Druck­schmer­zes fest­ge­stellt.

Auch auf ästhe­ti­scher Ebene kön­nen mit einer Lipo­suk­tion sehr ansprechende Ergeb­nisse erzielt wer­den. So lässt sich die Form der Beine durch vor­sich­tige und gleich­mä­ßige Fettabsau­gung stark ver­bes­sern. Gerade im Bereich der Unter­schen­kel hat dies zur Folge, dass das Tragen längst ver­ges­sene Stie­fel und Hosen­grö­ßen wie­der möglich wird. Nach heu­ti­gem Kennt­nis­stand ist die ope­ra­tive Behand­lung die ein­zig wirk­same Maß­nahme.  Mit Hilfe der Zerstörung und Entfernung der erkrank­ten Fett­zell­kon­glu­merate, glät­tet sich die Haut in aller Regel sicht­bar. Mit dem spe­zi­el­len Ver­fah­ren der Fein­na­del­ab­sau­gung mit stump­fen Kanü­len in Tumes­zenz­tech­nik wer­den die Lymph­ge­fäße geschont. Durch die sehr fei­nen Ein­sti­che blei­ben in der Regel nur kleine, unauf­fäl­lige Nar­ben zurück und oft zieht sich ein Über­schuss an Haut nach der Behand­lung ohne wei­te­res zurück.
Sollte es den­noch nötig sein, die Haut nach der Lipo­suk­tion etwas zu straf­fen, kann dies mit­hilfe des Sur­gi­cal Need­lings oder einer spe­zi­el­len Laser­be­hand­lung gesche­hen. Bei der Anwendung des Surgical Need­lings wer­den fein­ste Nadeln in die Haut gebracht, die den Kol­la­gen­auf­bau in tie­fe­ren Haut­schich­ten anre­gen. Kol­la­gen­fa­sern sind ein wich­ti­ger Bestand­teil eines fes­ten Bin­de­ge­we­bes, wer­den jedoch mit zuneh­men­dem Alter vom Kör­per weni­ger pro­du­ziert. Die Sti­mu­la­tion durch fei­ne Nadeln kann klei­nere erschlaffte Haut­par­tien revi­ta­li­sie­ren. Sowohl das Surgical Needling als auch die Laser­be­hand­lung können im Rah­men der Absau­gung statt­fin­den und haben keine längere Rekonvaleszenzeit zur Folge.

Ablauf der Lipo­suk­tion

Die Fett­ab­sau­gung wird in aller Regel in Tumes­zenz­tech­nik durch­ge­führt. Es gibt unterschiedliche schonende Verfahren.

Die Wasserstrahl-assistierte Liposuktion (WAL) oder die Vibrations-assistierte Liposuktion  (PAL).

Die Operation kann ent­we­der in ört­li­cher Betäu­bung oder in Vollnarkose erfol­gen.

Bei der PAL Methode wird vor der Lipo­suk­tion eine Tumes­zenz­lö­sung in die Fett­zel­len injiziert, sodass diese nach der Einwirkzeit mit­hilfe einer einer stump­fen Vibra­ti­ons­ka­nüle leich­ter abge­saugt wer­den kön­nen.

Bei der WAL Methode dagegen ist die Injektion von Tumeszenzlösung sowie die Absaugung ein Vorgang.

Bei beiden Ver­fah­ren wer­den die Lymph­ge­fäße best­mög­li­che geschont und in den meis­ten Fäl­len kann ein sehr gleich­mä­ßi­ges Ergeb­nis erreicht wer­den.

Vor­teile einer Voll­nar­kose wäh­rend der Lipö­dem­be­hand­lung

Der Vorteil der Vollnarkose liegt in der Möglichkeit deutlich mehr Fett in einer Sitzung abzusaugen als in lokaler Betäubung. Dadurch ist ein gleichmäßigeres Ergebnis zu erzielen und die Patientinnen haben weniger lange Ausfallzeiten.

Zudem benötigt man kein Lokalanästhetikum, wel­ches sich in gro­ßen Men­gen toxisch auf das Herz Kreislaufsystem auswirken kann.

Nach­behandlung

Bereits am Tag der Operation als auch dem Folgetag sollte eine sanfte und vor­sich­tige Lymph­drai­nage durch­ge­führt werden. Postoperativ wird eine mehrmals wöchentliche Lymphdrainge für insgesamt sechs Wochen empfohlen. Nach Abheilung der Einstichstellen ist Schwimmen einen sehr gute Alternative zur manuellen Lymphdrainage.

Wich­tig für die Wochen nach der OP ist eine gute Kom­pres­si­ons­the­ra­pie. Um Ödeme zu vermeiden, ist ein entsprechend gut passendes Kom­pres­si­ons­mie­der notwendig. In den ersten sechs Wochen sollte das Kompressionsmieder Tag und Nacht getragen und nur zum Duschen ausgezogen werden. Nach Ablauf der sechs Wochen kann die Kompressionswäsche langsam „abtrainiert“ werden. Bei schon bestehenden Lymphödem wird auch nach einer Liposuktion mit hoher Wahrscheinlichkeit lebenslang Kompressionswäsche getragen werden müssen.

Maßnahmen der operativen Therapie
OP-Dauer:2–3 Stun­den
Anäs­the­sie:Voll­nar­kose
Kli­nik­auf­ent­halt:1 Über­nach­tung
Faden­ent­fer­nung:keine Fäden
Nach­be­hand­lung:6 Wochen Tag und Nacht Kom­pres­si­ons­mie­der
Gesell­schafts­fä­hig:nach einer Woche
Sport:ab der 3. Woche
Risi­ken:Schwel­lung, Blut­erguss, kleine Nar­ben

Ergeb­nisse nach der operativen Behand­lung des Lipö­dems

Nach einer gründlichen Liposuktion aller betroffenen Areale kommt es in den meisten Fällen zu einer deutlichen Reduktion der Schmerzen bis hin zu einem vollständigen Verschwinden der Beschwerden. Die Mobilität nimmt bei vie­len Pati­en­tin­nen nach der Behand­lung deutlich zu. Hier­bei zeigt sich oft neu ent­fachte Begeis­te­rung für sport­li­che Akti­vi­tä­ten, die zuvor undenk­bar waren. Durch die Schmerzfreiheit, die damit verbundene Freude an Bewe­gung und das neue Selbst­be­wusst­sein dank der har­mo­ni­schen Kör­per­form gewin­nen viele Frauen wie­der an Selbst­wert­ge­fühl und kön­nen ihren All­tag mit neuer Ener­gie meis­tern.

Auf ästhe­ti­scher Ebene kommt es zu einer Gewichts­re­duk­tion und einer damit einhergehenden Ver­schlan­kung der Beine. Ober- und Unter­kör­per pas­sen opti­sch wie­der zusam­men und erge­ben eine har­mo­ni­sche Ein­heit. Abhän­gig von der indi­vi­du­el­len Ver­an­la­gung ist zudem ein Rück­gang der Cel­lu­lite mög­lich, sodass die Haut­ober­flä­che eben und straff wirkt.

Die Rezi­di­v­ge­fahr ist nach einer kon­se­quen­ten und gründ­li­chen Absau­gung sehr gering, da ein­mal abge­saugte Fett­zel­len nicht neu wach­sen. In den meisten Fällen müssen Lipödem Patientinnen keine Kompressionswäsche mehr tragen.

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Letzte Aktualisierung: 4. März 2021

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