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Frontal fibrosierende Alopezie: Sonnenschutzprodukte sind vermutlich kein Auslöser

Die frontal fibrosierende Alopezie führt zu einem meist dauerhaften Zurückweichen der Stirn-Haar-Linie. Was die Krankheit auslöst, ist nicht bekannt – diskutiert wurde zuletzt die Verwendung von Sonnenschutzprodukten. Eine neue Studie lässt dies nun zumindest unwahrscheinlich erscheinen. Die Suche nach den Auslösern geht deshalb weiter – vor allem weil die Krankheit immer häufiger diagnostiziert wird.
Ein Fachbeitrag von
Freie Redakteurin und Wissenschaftsautorin
Abb. 1: Das klinische Bild der FFA. Bei den Betroffenen zeigt sich ein charakteristisches Zurückweichen der Stirn-Haar-Grenze.

Die frontal fibrosierende Alopezie (FFA) ist in erster Linie eine Krankheit älterer Frauen. Auf den ersten Blick kann sie an die androgenetische Alopezie des Mannes erinnern. Typisch ist ein bandweiser Haarausfall, der zu einem symmetrischen Zurückweichen der Stirn-Haar-Grenze führt (Abbildung 1). Häufig – und oft deutlich vor den anderen Symptomen – kann auch ein Ausdünnen der Augenbrauen bis hin zu ihrem vollständigen Verlust beobachtet werden. Der Haarausfall ist in der Regel unumkehrbar, so dass mit der Zeit ein immer größeres kahles Band entsteht. Für die Betroffenen ist das häufig eine große Belastung. Da zum Haarausfall ein entzündliches Geschehen an den Haarfollikeln beiträgt, erfolgt die Standardbehandlung mit verschiedenen entzündungshemmenden Wirkstoffen.


Sonnencreme unter Verdacht

Ursprünglich betraf die FFA hauptsächlich Frauen nach den Wechseljahren mit überwiegend heller Haut. Zunehmend treten jedoch auch Fälle bei jüngeren Frauen, Männern und dunkelhäutigen Personen auf. Diese Zunahme bleibt rätselhaft, zumal Auslöser und Ursachen der Krankheit noch nicht wirklich verstanden sind. In den letzten Jahren fiel auf, dass Patienten mit FFA etwa doppelt so häufig auf regelmäßiger Basis Sonnenschutzprodukte verwendeten wie nicht betroffene Personen. Das könnte eine Folge der Erkrankung sein – eine Bemühung, die durch den Haarverlust vermehrt der Sonne ausgesetzte Haut vor Photoaging und Hautkrebs zu schützten. Auf der anderen Seite könnten Sonnenschutzprodukte aber auch für den Krankheitsausbruch (mit)verantwortlich sein. Für letzteres spricht, dass in erkrankten Haarschäften sporadisch Titan-Nanopartikeln nachgewiesen werden konnten. Dabei handelt es sich um Substanzen, die in Sonnenschutzprodukten als UV-Licht-Blocker eingesetzt werden.


Studie mit 101 Patientinnen

Auf der anderen Seite verwenden viele Patienten mit FFA keine Sonnenschutzprodukte – oder tun dies zumindest nicht bewusst. Gleichzeitig ist die Verwendung von Sonnenschutzprodukten generell weit verbreitet, während die FFA noch immer eine seltene Krankheit ist. Ob ein kausaler Zusammenhang zwischen beiden Phänomenen besteht, lässt sich folglich nicht einfach klären. Hinzu kommt, dass Sonnenschutzprodukten eine entscheidende Rolle beim Schutz vor Hautkrebs zukommt, so dass vor ihrem Gebrauch nur bei begründetem Verdacht gewarnt werden sollte. Spanische Dermatologen haben deshalb den Zusammenhang von Sonnenschutzprodukten und FFA noch einmal in den Blick genommen. Dazu verglichen sie 101 Frauen mit FFA mit 40 Frauen, die aufgrund anderer Krankheiten in zwei Krankenhäusern in Granada vorstellig geworden waren. Die Studienteilnehmerinnen mit FFA befanden sich während der Studie in Behandlung gegen den Haarausfall. Von ihnen gaben rund Dreiviertel an, dass sie in den letzten fünf Jahren regelmäßig – definiert als mindestens fünfmal die Woche – Sonnenschutzprodukte angewendet hatten. Bei den Kontrollpersonen waren dies Zweidrittel.


Eher eine Folge als eine Ursache

In der Studie zeigte sich, dass die Verwendung von Sonnenschutzprodukten keinen Einfluss auf den Schweregrad des Haarausfalls bei den betroffenen Frauen hatte. Auch der Anteil der Patientinnen mit spezifischen Symptomen wie sichtbaren Entzündungen der Haarfollikel, einer Beeinträchtigung der Schweißdrüsen oder einem Haarverlust an anderen Körperstellen war unabhängig davon, ob Sonnenschutzprodukte angewendet wurden oder nicht. Interessanterweise wiesen aber im Vergleich mit Frauen der Kontrollgruppe mehr Frauen mit FFA im Gesicht Altersflecken (Lentigines solares) und durch UV-Strahlung bedingte Hautkrebsvorstufen (aktinische Hautschäden) auf (Abbildung 2). Letzteres könnte darauf hindeuten, dass die Patientinnen tatsächlich zu Sonnenschutzprodukten greifen, um ihre durch den Haarausfall empfindlichere Gesichtshaut zu schützen. Somit wäre die vermehrte Anwendung von Sonnenschutzprodukten eher eine Folge als eine Ursache der FFA. Möglich wäre auch, dass die Patientinnen durch häufigere Hautarztbesuche stärker für das Thema Sonnenschutz und Hautkrebsvorsorge sensibilisiert sind.

Abb. 2: Anteil der Probandinnen mit UV-bedingten Hauterscheinungen. In der Gruppe der Patientinnen mit FFA treten im Gesicht sowohl harmlose Altersflecken als auch Hautkrebsvorstufen (aktinische Hautschäden) häufiger aus als in der Kontrollgruppe.


Die Suche geht weiter

Zwar geben die Studienautoren an, dass durch die Befragung der Patientinnen Verzerrungen möglich sind. Das gleiche gilt für die Tatsache, dass viele Haut- und Haarpflegeprodukte ohne explizite Ausweisung Sonnenschutzkomponenten enthalten. Patienten mit FFA könnten also auch unbewusst Sonnenschutzprodukte verwendet haben. Trotzdem lässt die spanische Studie die Hypothese von Sonnenschutzprodukten als Auslöser der FFA unwahrscheinlich erscheinen. Die Suche nach Auslösern der Krankheit sollte deshalb nun weitergehen, zumal die FFA immer häufiger diagnostiziert wird.


Quellen und weiterführende Literatur

Die spanische Studie:
M. L. Porriño-Bustamante et al. (2022). Frontal fibrosing alopezia and sunscreen use: A cross-sectional study of actinic damage. Acta Derm. Venereol 102, adv00757.
Frontal fibrosierende Alopezie:
U. Blume-Peytavi et al. (2022). Frontal fibrosierende Alopezie – aktuelles Wissen. Hautarzt 73: 344-352.
R. Imhof, S. N. Tolkachjov (2020). Optimal management of frontal fibrosing alopecia: A practical guide. Clin. Cosmet. Investig. Dermatology 13, 897-910.
H. Wolff, T. W. Fischer, U. Blume-Peytavi (2016). Diagnostik und Therapie von Haar- und Kopfhauterkrankungen. Deutsches Ärzteblatt 113, 377-386.

Letzte Aktualisierung: 31. Juli 2023

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