Reibeisenhaut (Keratosis pilaris oder Kertosis follicularis)

Die Reibeisenhaut – fachsprachlich Keratosis pilaris oder Keratosis follicularis – ist eine autosomal-vererbte Erkrankung der obersten Hautschicht im Bereich der Haarfollikel. Die Erkrankung ist häufig und findet sich bei circa 40 Prozent der Bevölkerung.

Ein Fachbeitrag von
Facharzt für Dermatologie, Venerologie, Allergologie
Reibeisenhaut (Keratosis pilaris oder Kertosis follicularis)

Zusammenfassung

Die Reibeisenhaut – fachsprachlich Keratosis pilaris oder Keratosis follicularis – ist eine autosomal-vererbte Erkrankung der obersten Hautschicht im Bereich der Haarfollikel. Die Erkrankung ist häufig und findet sich bei circa 40 Prozent der Bevölkerung. Die klinische Variabilität ist sehr groß. Häufig zeigen sich nur einzelne isolierte Veränderungen, wobei man in diesen Fällen von einer physiologischen Normvariante spricht. Aber auch massiv auftretende Läsionen kommen vor. Die Krankheit tritt oft bereits im frühen Kindesalter auf und erreicht ihren Höhepunkt meist in der Jugend. Typischerweise bilden sich vor allem an der Außenseite der Oberarme und der Rückseite der Oberschenkel raue Hautstellen mit kleinen Knötchen (Papeln). Die Krankheit ist ungefährlich und verursacht häufig keine Beschwerden. Schwerere Verlaufsformen können auch stärker entzündlich verlaufen. In diesem Fall ist zeitweise eine topische Therapie mit antientzündlichen Wirkstoffen sinnvoll. Bei stärkerer Ausbildung stellt die Erkrankung für die Betroffenen häufig eine psychische Belastung dar. Grundsätzlich empfiehlt sich eine konsequente Pflege mit hypoallergenen, rückfettenden Pflegeprodukten, die die Hautbarriere stärken und die Haut mit Feuchtigkeit versorgen. Hierunter kommt es häufig zu einer Verbesserung des Hautbildes. Therapeutisch können topische Vitamin-A-Säure-Zubereitungen in Erwägung gezogen werden.

Auf einen Blick

+ Auftreten in jedem Alter, besonders ausgeprägt bei Jugendlichen, mit zunehmendem Alter oft Verbesserung, kein Einfluss von Geschlecht und Ethnie
+ autosomal dominante Vererbung

+ Symptome stecknadelkopfgroße, hautfarbene Knötchen (Papeln), Hautrötungen um die Haarfollikel, eingerollte Härchen eingebettet in die Hornschicht der Oberhaut, selten Juckreiz

+ Einflussfaktoren gestörte Verhornung der obersten Hautschicht, gestörte Hautbarriere, genetische Faktoren, kalte/trockene Winterluft

+ Therapieoptionen Stärkung der Hautbarriere durch geeignete Feuchtigkeitspflege, Peelings, als Erstlinientherapie topische Entzündungshemmer, als Zweitlinientherapie topische Retinoide, bei schweren Symptomen Laserbehandlung möglich

+ Ansteckungsgefahr keine

Klinisches Bild der Keratosis pilaris

Einführung

Die Keratosis pilaris ist eine autosomat-dominant vererbte Verhornungsstörung der Haarfollikelt, die sich klinisch durch raue Hautstellen und Knötchen vor allem an den Außenseiten von Oberarm und Oberschenkel äußert (Abbildung 1). Die raue Haut, die an eine „Gänsehaut“ erinnert, hat der Krankheit den umgangssprachlichen Namen „Reibeisenhaut“ eingebracht. Die Keratosis pilaris gehört zu den häufigen Hautkrankheiten und kann in ihrer milden Form als eine normale Variante gesehen werden. Häufig tritt sie bereits in der frühen Kindheit auf und erreicht dann im zweiten Lebensjahrzehnt ihren Höhepunkt. Mit zunehmendem Alter verbessert sich dagegen das Hautbild oft. Schätzungen zufolge sind zwischen 50 und 80 Prozent der Jugendlichen und 40 Prozent der Erwachsenen von der Reibeisenhaut betroffen. Das Geschlecht und die ethnische Herkunft scheinen keinen Einfluss auf die Krankheit zu haben, wobei einzelne Autoren von einem häufigeren Auftreten bei Frauen berichten. Krankheitsverläufe ohne subjektive Beschwerden benötigen keine Therapie. Vor allem bei schwereren Formen (Abbildung 2) kann die Krankheit allerdings eine psychische Belastung für die Betroffenen darstellen, die die Konsultation einer Hautärztin/eines Hautarztes sinnvoll macht. Vor allem die einhergehenden Entzündungsprozesse lassen sich mit topischen Entzündungshemmern gut in den Griff bekommen. Häufig lässt sich eine Verbesserung des Hautbilds bereits mit rückfettenden Pflegeprodukten und Peelings erreichen.

Abbildung 1 Kertosis pilaris am Unterarm in klinisch sehr leichter Ausprägung mit ganz vereinzelt stehenden Knoten.
Abbildung 2 Ekzematisierte Keratosis pilaris: An der Außenseite von Ober- und Unterarm zeigen sich dichte Aggregation von Knötchen auf flächig geröteter Haut.

Ursachen und Auslöser

Obwohl es sich bei der Keratosis pilaris um eine häufige Krankheit handelt, sind ihre Ursachen noch nicht vollständig entschlüsselt. Sicher ist, dass es sich um eine Verhornungsstörung handelt: Durch die übermäßige Hornbildung (Keratinisierung) der Oberhaut bildet sich in den Haarfollikeln ein Pfropf, der verhindert, dass die Haare aus den Follikeln austreten können. Dadurch kommt es zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Entzündungsreaktion, die neben der Papelbildung auch Rötungen und Schuppung verursachen kann.

Bei rund der Hälfte der Betroffenen gibt es in der näheren Verwandtschaft weitere Fälle, was auf eine familiäre Veranlagung hindeutet. Die Vererbung erfolgt autosomal dominant – es kann also ein Elternteil alleine die Veranlagung weitergeben. Welche Gene am Entstehen der Reibeisenhaut beteiligt sind, ist dagegen weniger gut erforscht. Vermutet wird, dass eine Mutation im Gen für das Strukturprotein Filaggrin eine entscheidende Rolle spielt. Filaggrin ist ein Protein, das die Zellen der Oberhaut miteinander vernetzt und damit entscheidend für die Festigkeit der Hautbarriere ist. Fehlerhaftes Filaggrin schwächt die Hautbarriere, so dass zu viel Feuchtigkeit entweichen kann, wodurch die Haut austrocknet. Gleichzeitig können Allergene und andere schädliche Stoffe leichter in die Haut eindringen und dort Entzündungen verursachen. Für die Beteiligung einer gestörten Hautbarriere an der Entstehung der Keratosis pilaris spricht auch, dass viele Betroffene von einer Verschlechterung ihrer Symptome im Winter berichten, was vermutlich auf die geringere Luftfeuchtigkeit zurückzuführen ist, während feucht-warme Sommer oft zu einer Verbesserung führen.

Eine geschädigte Hautbarriere ist auch eine der Hauptursachen der atopischen Dermatitis (Neurodermitis). Aus diesem Grund wurde lange Zeit ein Zusammenhang zwischen der atopischen Dermatitis und der Keratosis pilaris postuliert. Inzwischen wird dies kritisch hinterfragt, da es Studien gibt, die bei Menschen mit atopischer Dermatitis nicht mehr Fälle von Keratosis pilaris gefunden haben als in der Allgemeinbevölkerung. Neben der Stärkung der Hautbarriere übernimmt das Proteins Filaggrin weitere Aufgaben in der Haut: So kann es Aminosäuren freisetzen, die Feuchtigkeit in der Haut zurückhalten, für Lichtschutz sorgen und den pH-Wert senken und damit den Säureschutzmantel der Haut stabilisieren. Ein Mangel an Filaggrin führt nachweislich zu einer gestörten Verhornung, einem Austrocknen der Haut und einer Schwächung des Säureschutzmantels. Neben Defekten im Filaggrin-Gen scheinen auch Mutationen im Gen ABCA12 die Entstehung der Reibeisenhaut zu begünstigen. Dieses kodiert für einen Lipidtransporter, dessen Ausfall ebenfalls Hauttrockenheit verursachen kann.

Krankheiten, die durch eine Verhornungsstörung aufgrund eines Filaggrinmangels entstehen wie die „Fischschuppen-Krankheit“ (Ichthyosis vulgaris), sind häufig mit einer Keratosis pilaris assoziiert. Auch im Zuge von einigen genetisch bedingten Erkrankungen wie dem Down-Syndrom und dem Noonan-Syndrom kann Reibeisenhaut häufiger auftreten. Das Noonan-Syndrom fällt unter einen Komplex von Krankheiten, bei denen die RAS-Signalwege gestört sind, die Zellwachstum und Zellvermehrung regulieren und somit die Bildung der Hornschicht der Oberhaut beeinflussen. Weitere Risikofaktoren für die Keratosis pilaris sind starkes Übergewicht und Diabetes mellitus, krankhafte Veränderungen der Schweißdrüsen und bei Frauen ein hoher Spiegel an männlichen Hormonen (Androgenen). Auch verschiedene Medikamente, die in die oben genannten RAS-Signalwege eingreifen wie Dabrafenib und Vermurafenib für die Behandlung von Melanomen sowie der Tyrosinasehemmer Nilotinib zur Therapie der myeloischen Leukämie können Symptome verursachen, die an eine Keratosis pilaris erinnern.

Symptome und Krankheitsverlauf

Reibeisenhaut tritt oft bereits in der frühen Kindheit auf und erreicht im zweiten Lebensjahrzehnt die stärkste Ausprägung. Mit zunehmendem Alter werden die Symptome dagegen oft schwächer, vermutlich weil im Alter die Dichte an Haarfollikeln abnimmt. Betroffen sind vor allem die Außenseiten der Oberarme und die Hinterseite der Oberschenkel, weniger häufig auch Gesicht, Gesäß oder Rumpf. Typischerweise ist die betroffene Haut trocken und rau; es zeigen sich kleine hautfarbene Knötchen (Papeln), die an eine „Gänsehaut“ erinnern können. Der umgangssprachliche Name „Reibeisenhaut“ geht auf die typischerweise raue Hautoberfläche zurück. In der Regel verursachen die Papeln keine Beschwerden, selten können durch die Entzündungsprozesse Hautrötungen und Juckreiz entstehen. Im Inneren der Papeln befindet sich häufig ein eingerolltes Haar, das in die Hornschicht der Oberhaut eingebettet ist (Abbildung 3).

Abbildung 3 Lockere Aussaat von unterschiedlich großen Knötchen. Häufig zeigt sich aufgrund der Lokalisation am Haarfollikel im Inneren ein zentrales Haar.

Von der Keratosis pilaris sind vier Unterformen beschrieben:

  1. Keratosis pilaris rubra: Bei dieser Unterform sind die Papeln als Zeichen einer stärkeren Entzündung deutlicher gerötet. Diese Variante tritt vermehrt bei Frauen im Alter von 30-40 Jahren auf.
  2. Keratosis pilaris alba: Bei dieser Unterform haben die Papeln eine weißliche bis gräuliche Farbe. Sie tritt vor allem bei Kindern unter einem Jahr auf und nimmt mit zunehmendem Alter ab.
  3. Keratosis pilaris atrophicus: Bei dieser Variante kommt es aufgrund der entzündlichen Prozesse zu Narbenbildung und Hyperpigmentierung. Häufig tritt sie im Gesicht um die Augenbrauen und auf den Wangen auf. In den betroffenen Hautarealen ist Haarausfall möglich.
  4. Erythromelanosis follicularis faciei et colli (EFFC): Hier sind vor allem die Wangen, die Stirn und der Nacken betroffen. Die Entzündung führt zu Rötungen und Hyperpigmentierung. Die EFFC tritt tendenziell in höherem Alter und vermehrt bei Männern auf.

Diagnose und Differentialdiagnosen

Die Keratosis pilaris wird in der Regel anhand der klinischen Symptome diagnostiziert. Zusätzlich kann ein Blick durch das Auflichtmikroskop (Dermatoskop) hilfreich sein. Hier werden krankhafte Veränderungen der Haarfollikel und der Haare sichtbar, insbesondere eingerollte Haare, die in die oberste Hornschicht der Haut eingebettet sind (Abbildung 4). Biopsien oder Blutuntersuchungen kommen dagegen nur bei unklarer Diagnose oder dem Hinzukommen weiterer Beschwerden zum Einsatz. In der Anamnese sollte der Arzt bzw. die Ärztin auch Pflegeroutinen und eingenommene Medikamente in den Blick nehmen. Da die Symptome der Keratosis pilaris recht unspezifisch sind, lässt sich die Krankheit von einer Vielzahl von Differenzialdiagnosen abgrenzen, von denen hier nur einige erwähnt werden sollen. Der Lichen spinulosus wird manchmal auch als Unterform der Keratosis pilaris betrachtet. Die Papeln sind hier allerdings weniger diffus angeordnet, die betroffenen Hautbereiche tendenziell schwächer pigmentiert und nie gerötet. Ichthyosis follicularis und Keratosis pilaris treten häufig gemeinsam auf und haben ähnliche Symptome, weshalb es schwierig sein kann, beide Krankheiten voneinander zu trennen. Als Phrynoderm bezeichnet man eine Verhornungsstörung, die mit sehr trockener Haut einhergeht und sich auf einen Vitamin-A-Mangel zurückführen lässt. Die Trichostasis spinulosa tritt vermehrt bei älteren Menschen jenseits der Pubertät auf; hier kommt es im Unterschied zur Keratosis pilaris nicht zu Entzündungsprozessen. Weitere wichtige Differenzialdiagnosen sind Eruptive Vellushaarzysten, Entzündungen der Haarfollikel (Follikulitis), Akne und Milien (Hautgries), also kleine gutartige Zysten der Oberhaut.

Abbildung 4 Der Auflichtbefund (Dermatoskopiebefund) zeigt den Knoten mit dem typischen zentralen Follikelhaar.

Therapie und Behandlung

Eine zielgerichtete Therapie der Keratosis pilaris gibt es nicht. Mit zunehmendem Alter werden die Symptome allerdings oft von selbst besser, wenn sie auch selten ganz verschwinden. Bei rund einem Viertel der Patienten ist allerdings mit dem Altern auch eine Verschlechterung des Hautbilds zu verzeichnen. Da die Papeln in der Regel keine Beschwerden verursachen, ist auch keine Behandlung nötig. Allerdings kann die Keratosis pilaris eine kosmetische Beeinträchtigung darstellen und damit für die Betroffenen belastend sein.

Rückfettende Lotionen und Cremes sowie sanfte Peelings können das Hautbild oft bereits deutlich verbessern. Dafür werden bevorzugt keratolytische, also die Hornschicht auflösende, Wirkstoffe eingesetzt wie Harnstoff, Salicylsäure, Glykolsäure und Milchsäure. Für die Pflege der betroffenen Haut sollten bevorzugt hypoallergene Pflegeprodukte mit hautneutralem pH-Wert zum Einsatz kommen. Auf keinen Fall dürfen die Papeln ausgedrückt werden, weil das die Entzündung verstärken und zu Narbenbildung führen kann.

Bei ausgeprägter Entzündung können als Erstlinientherapie entzündungshemmende Calcineurininhibitoren oder für eine kurze Behandlungszeit auch niedrig- bis mittelpotente Kortikosteroide verschrieben werden. Als Zweitlinienwirkstoffe haben sich Retinoide wie Tretinoin und Tazaroten mit ebenfalls entzündungshemmenden Wirkung bewährt. Der Nutzen von Vitamin D ist bei der Keratosis pilaris dagegen umstritten. In schweren Fällen mit sehr ungleichmäßigem Hautbild können auch Laserbehandlungen zum Einsatz kommen.

Prävention und Vorbeugung

Da die Keratosis pilaris eine chronische und zumindest teilweise genetisch bedingte Erkrankung ist, ist eine Prävention nicht möglich. Eine gute Hauthygiene und ein Verzichten auf das Ausdrücken von Papeln kann das Hautbild verbessern. Um den Symptomen entgegen zu wirken, ist außerdem eine Stärkung der Hautbarriere durch die regelmäßige Anwendung von rückfettender, wirkstofffreier Feuchtigkeitspflege hilfreich.

Quellen und weiterführende Literatur

M. A. Wang et al. (2023). A review of the scoring and assessment of keratosis pilaris. Skin Appendage Disorders 9: 241-251.
K. B. Pennycook, T. A. McCready (2023). Keratosis Pilaris. StatPearls Publishing LLC.
J. L. Drivenes, I. C. Vasilescu, A. Bygum (2023). Keratosis pilaris. Tidsskriftet den norske legeforening.
N. Kodali, V. M. Patel, R. A. Schwartz (2023). Keratosis pilaris: an update and approach to management. Italian Journal of Dermatology and Venereology 158, 217-223.


Letzte Aktualisierung: 27. Oktober 2023

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