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Biss oder Stich? Wann uns Insektenstiche gefährlich werden und was dann hilft

So sehr die meisten Menschen wohl den Sommer lieben – er hat auch eine schmerzhafte Seite. Denn zum Sommer gehören Insekten, die uns beißen oder stechen und uns dadurch juckende, schmerzhafte Hautschwellungen bescheren. So bohren sich Stechmücken, Kriebelmücken, Flöhe und Bremsen mit ihren spezialisierten Mundwerkzeugen durch die Haut, um Bestandteile unseres Bluts als Nahrung aufzunehmen. […]
Ein Fachbeitrag von
Facharzt für Dermatologie, Venerologie, Allergologie
Biss oder Stich? Wann uns Insektenstiche gefährlich werden und was dann hilft

So sehr die meisten Menschen wohl den Sommer lieben – er hat auch eine schmerzhafte Seite. Denn zum Sommer gehören Insekten, die uns beißen oder stechen und uns dadurch juckende, schmerzhafte Hautschwellungen bescheren. So bohren sich Stechmücken, Kriebelmücken, Flöhe und Bremsen mit ihren spezialisierten Mundwerkzeugen durch die Haut, um Bestandteile unseres Bluts als Nahrung aufzunehmen. Wespen, Bienen, Hummeln und Hornissen sind dagegen eher lästige Besucher an der Kaffeetafel, die ihren Stachel nur zur Verteidigung nutzen, wenn sie sich bedroht fühlen. Während Insektenbisse meist ungefährlich sind, können Gifte, die durch Stiche in den Körper gelangen, lebensgefährliche allergische Reaktionen auslösen.

 

Meist nur ein Ärgernis

Um eine Gerinnung des aufgenommenen Bluts im Saugrüssel zu verhindern, injizieren beißende Insekten mit ihrem Speichel bestimmte Substanzen zur Blutverdünnung. Diese Antikoagulanzien und Enzyme können leichte allergische Reaktionen auslösen, die aber in der Regel lokal begrenzt bleiben und von alleine wieder verschwinden. Dadurch kommt es an der Bissstelle zu einer leichten Rötung und Schwellung, oft entsteht ein unangenehmer Juckreiz.

Zur Erstversorgung ist es sinnvoll, die betroffene Stelle mit Wasser und Seife zu reinigen und anschließend zu kühlen, um die Entzündung zu dämpfen. Bei starkem Juckreiz können auch  äußerlich Kortisonpräparate (Creme- oder Gelgrundlage, keine Salbengrundlage) oder orale Antihistaminika eingesetzt werden. Bei Erwachsenen sind auch batteriebetriebene Stichheiler eine Option – kleine Geräte, die mit einer Heizplatte direkt am Stich für einige Sekunden eine Temperatur erzeugen, bei der die allergenen Proteine aus dem Mückenspeichel durch das Erhitzen zerfallen und unschädlich werden.

 

Wenn ein Biss krank macht

In seltenen Fällen können allerdings auch Insektenbisse ausgedehntere Entzündungen hervorrufen, die manchmal sogar von einem allgemeinen Krankheitsgefühl mit Fieber begleitet werden. In diesen Fällen kann auch die orale Kortisongabe in Form der intravenösen Gabe oder als Tablette zum Einsatz kommen. Bei Bissen mit ausgeprägter Entzündungsreaktion besteht außerdem Verwechslungsgefahr mit dem Erysipel, einer bakteriellen Infektion der oberen Hautschichten.

Insektenstich Stechmücke

 

Ein Hinweis darauf, ob eine Infektion vorliegt, liefert die Zeit bis zum Auftreten der Beschwerden. So stellen sich erste Symptome beim Biss meist innerhalb von wenigen Minuten ein, und auch schwerere Reaktionen benötigen nur wenige Stunden bis zur vollen Entfaltung. Ein Erysipel entwickelt sich dagegen erst über einen längeren Zeitraum von 24 Stunden oder länger. Allerdings kann sich ein entzündeter Insektenbiss auch später noch mit Bakterien infizieren, insbesondere wenn er aufgekratzt wird und Verunreinigungen in die Wunde gelangen.

 

Achtung Lebensgefahr!

Einen Stachel zur Selbstverteidigung besitzen die oft sehr aggressiven Wespen und Hornissen, aber auch Bienen und Hummeln. Dieser pumpt ein Gift in die Wunde, das dort im schlimmsten Fall eine schwere anaphylaktische (Schock-)Reaktion mit Kreislaufversagen auslösen kann. Da die Übertragung des Gifts einige Sekunden dauert, sollte als erste Reaktion auf einen Stich das Insekt oder der eventuell noch in der Wunde steckende Stachel entfernt werden. Auch sollte überprüft werden, dass keine weiteren Insekten in der Kleidung festsitzen, denn mehrere Stiche können sich in ihrer Wirkung verstärken.

In den meisten Fällen lösen auch Insektenstiche nur örtlich begrenzt Beschwerden aus, die nach Reinigung und Kühlen mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen und stark wirksamen Kortisonpräparaten behandelt werden können. Bei starkem Juckreiz können außerdem Antihistaminika eingenommen werden. Ein Aufkratzen des Stiches sollte unbedingt vermieden werden, da sonst die Gefahr einer bakteriellen Infektion besteht.

 

Unbedingt den Notarzt rufen

Bei etwa drei Prozent aller Insektenstiche kommt es zu schweren allergischen Reaktionen, die umgehend behandelt werden müssen. Während bei Kindern vor allem Hautsymptome wie Nesselsucht (Urtikaria) und starke Schwellungen der Unterhaut (Angioödeme) im Vordergrund stehen, erleiden Erwachsene oft lebensbedrohliche Atembeschwerden und Blutdruckabfall. In diesen Fällen spricht man von einer Anaphylaxie, die eine den ganzen Organismus umfassende, eventuell auch lebensbedrohliche akute Reaktion darstellt. Da die Symptome oft sehr schnell auftreten, sollte bei bekannten Allergien oder dem Verdacht darauf umgehend ein Notarzt gerufen werden. Im Falle eines allergischen Schocks kann eine intramuskuläre Adrenalininjektion das Leben retten.

Patienten, bei denen eine Insektengiftallergie bekannt ist, tragen deshalb oft ein Notfallset bei sich, das  neben einen Adrenalinautoinjektor ein vorzugsweises orales H1-Antihistaminikum und ein oral oder rektal zu applizierendes Glukokortikoid enthält. Dieses Notfallset wird vom Allergologen oder Hausarzt im Bedarfsfall rezeptiert. Einen langfristigen Schutz bietet die spezifische Immuntherapie (Desensibilisierung), bei der das Immunsystem über mehrere Jahre durch steigende Dosen an das die Symptome auslösende Insektengift gewöhnt wird. Allergische Reaktionen sollten dann nicht mehr auftreten.


Quellen und weiterführende Literatur

J. Just und K. Weckbecker (2019). Nicht immer harmlos – Insektenbisse und -stiche: Im Notfall wissen, was zu tun ist. MMW – Fortschritte der Medizin 12, 161.

Letzte Aktualisierung: 13. Juli 2021
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