Krätze – Prof. Dr. Mensing über die Rückkehr der Hautkrankheit
Die Krätze ist zurück
Kinder bringen Flöhe, Würmer und Kopfläuse mit nach Hause. Und jetzt auch noch die Krätze (Skabies). Die Hautkrankheit galt doch als ausgestorben, oder? Plötzlich häufen sich die Fallzahlen in ganz Deutschland. „natürlich Frau“ sprach mit dem Dermatologen und Skabies-Experten Professor Dr. Hartwig Mensing aus Hamburg.
Herr Professor Dr. Mensing, was ist Krätze eigentlich?
Krätze ist eine ansteckende Hautkrankheit, die durch Krätzmilben verursacht wird. Die Tierchen sind winzig klein und mit dem bloßem Auge fast nicht erkennbar. Kaum 0,5 mm groß sind sie und lösen dabei eine starke Hautreaktion aus. Wenn sich die Milbenweibchen in die menschliche Haut eingraben und dort ihre Eier und Abfallprodukte ablegen, reagiert das Immunsystem. Es zeigen sich entzündliche Rötungen, Pusteln oder Bläschen, die mit Eiter gefüllt sind.
Nach 2-4 Tagen beginnen die Larven zu schlüpfen. Sie wandeln sich in geschlechtsreife Milben und bahnen sich ihren Weg an die Hautoberfläche. Die männlichen Milben bleiben auf der oberen Hautschicht. Dort findet die Fortpflanzung der Parasiten statt. Die Milbenmännchen sterben, die Weibachen dringen tiefer in die Haut ein, legen ihre Eier ab und der Prozess beginnt von vorn.
Wie bemerken Betroffene, dass die Krätzmilben sie in der Hand haben?
Es juckt! Besonders nachts im Bett, denn in der Wärme werden die Milben aktiv. Wenn sie sich also schlafen legen und sich plötzlich kratzen müssen, ist das ein Zeichen, das Sie nicht ignorieren sollten.
„Skabies“ ist der medizinische Ausdruck für die Krätze, die unbedingt arzneilich behandelt werden muss. Bevorzugte Körperstellen sind insbesondere Fingerzwischenräume, aber auch andere zarte Hautpartien wie Achselhöhlen und Armbeugen, Kniekehlen und Füße, Genital- und Leistenbereich. Hier graben die Tiere kleine, kommaförmige Tunnel in die obere Hautschicht. Die sogenannten „Milbengänge“ sind ein typisches Anzeichen. Sie sind rötlich gefärbt und jucken fürchterlich.
Ist eine Ansteckung Zeichen von mangelnder Hygiene?
Nein, die Milben übertragen sich von Mensch zu Mensch und nur durch längeren Hautkontakt. Ein kurzer Händedruck reicht noch nicht aus. Wenn Kinder zusammen spielen, toben oder raufen, wandern die Parasiten von dem einen zum anderen.
Menschen in pflegerischen Berufen mit viel Körperkontakt sind ebenso gefährdet. Selbstverständlich beim Kuscheln und beim Geschlechtsverkehr haben Milben leichtes Spiel. Ist zudem das Immunsystem schlecht, können sich die Milben schneller ausbreiten als bei einem gesunden Menschen.
Was ist zu tun, wenn Krätze da ist?
Im Verdachtsfall sofort zum Hautarzt, der bei der richtigen Diagnose ein schnell wirksames Medikament verschreibt. Zur lokalen Anwendung eignen sich Cremes, die immer am ganzen Körper aufgetragen werden – nicht nur an der betroffenen Stelle. Der Wirkstoff Permethrin blockiert den Stoffwechsel der Milben, und der Juckreiz kann schon nach 24 Stunden nachlassen.
Inzwischen steht auch ein Medikament zur oralen Therapie zur Verfügung. Der Wirkstoff Ivermectin bekämpft Parasiten innerhalb sehr kurzer Zeit.
Welche Form der Behandlung gewählt wird (Cremes oder Tabletten), hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Nach 14 Tagen kontrolliert der Hautarzt den Therapieerfolg und entscheidet, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.
Gelegentlich können aufgrund einer immunologischen Überreaktion erneut starker Juckreiz mit Papeln und Knötchen (sog. postskabiöses Ekzem) auftreten. Dies darf nicht mit der ansteckenden, primären Skabies verwechselt werden, um fälschliche Übertherapien mit Antiscabiosa zu vermeiden. Dann ist erneut der Dermatologe gefragt, der die richtige Diagnose stellt und die notwendige Behandlung verschreibt.
Wird uns die Krätze ab jetzt begleiten – genauso wie die Flöhe und Kopfläuse?
Prinzipiell, ja. Denn wir verzeichnen einen drastischen Anstieg der Fallzahlen. Krätzmilben verbreiten sich am schnellsten da, wo viele Menschen auf engem Raum zusammen sind: in Kindertagesstätten, in Schulen, in Krankenhäusern, Senioreneinrichtungen und Flüchtlingsunterkünften. Besonders ansteckend ist die Sonderform Scabies crustosa (Borkenkrätze). Wir sprechen dann von Tausend bis Millionen Krätzmilben, die einen Menschen besiedeln. Dann reicht schon ein Händedruck und einige der Tiere haben ihren Besitzer gewechselt.
Das Interview finden Sie auch in der Zeitschrift „Naturheilkunde & Gesundheit“.
Mehr Informationen zur Behandlung der Hautkrankheit Krätze (Skabies) finden sie hier und im Interview mit Prof. Abeck.
Eine Checkliste für Hygienmaßnahmen können Sie sich ebenfalls herunterladen.
Zuletzt aktualisiert am 28.01.2020