Feuchtigkeitscremes bei Neurodermitis – Was leisten sie?
Störung der Hautbarriere bei Neurodermitis
Ein Beitrag von Frau Dr. rer. nat. Larissa Tetsch
Betroffene mit Neurodermitis haben häufig eine gestörte Hautbarriere. Dadurch verliert ihre Haut Wasser, so dass die Haut austrocknet. Die regelmäßige Verwendung von Feuchtigkeitscremes kann den Wasserverlust über die Oberhaut und infolgedessen die Hauttrockenheit verringern. Eine Verbesserung der Entzündungs-, Fettmetabolimus- und Reparaturparameter in der Oberhaut (Epidermis) gelingt jedoch durch Feuchtigkeitscremes nicht. Die verwendeten Cremes beheben also lediglich die Symptome der gestörten Hautbarriere, können diese aber nicht grundsätzlich wiederherstellen.
Gesunde Haut besitzt eine Barrierefunktion, die einerseits Umwelteinflüsse abhält und andererseits verhindert, dass Wasser über die Oberhaut (Epidermis) verloren geht. Die Beurteilung der Barrierefunktion erfolgt durch die Messung des transepidermalen Wasserverlust (TEWL). Die Barriere entsteht durch den festen Zusammenhalt der hornbildenden Zellen (Keratinozyten) in der Oberhaut sowie durch aufgelagerte Lipide, die die Verdunstung von Wasser verhindern. Bei Patienten mit Neurodermitis (auch atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem) ist diese Hautbarriere oft gestört, was mit einem erniedrigten TEWL korreliert (Abb. 1). Aus diesem Grund können reizende Substanzen und Allergene aus der Umwelt leichter in tiefere Hautschichten vordringen und dort Entzündungen als Abwehrreaktion des Immunsystems hervorrufen. Zusätzlich verdunstet über die Oberhaut vermehrt Wasser, so dass die Haut austrocknet. Trockene Haut spannt und juckt und ist außerdem anfälliger für Verletzungen sowie das Eindringen von Fremdstoffen. Um die Hautbarriere zu stärken, sollte die Haut deshalb regelmäßig mit wirkstofffreier Feuchtigkeitspflege eingecremt werden.
Studie zur Wirkung von Feuchtigkeitscreme
In einer zufallsgesteuerten (randomisierten) Studie der Universitätskliniken in Uppsala und Stockholm (beides Schweden) wurde untersucht, welchen Einfluss die regelmäßige Anwendung von drei verschiedenen wirkstofffreien Feuchtigkeitscremes auf die Haut von Patienten mit Neurodermitis hat.
Insgesamt nahmen 43 Patienten an der Studie teil. Etwa ein Drittel (14) von ihnen litt unter Neurodermitis, besaß aber zwei intakte Kopien des Gens, das für das Eiweiß Filaggrin kodiert. Filaggrin hilft bei der Vernetzung der Hornsubstanz (Keratin) in den Keratinozyten und ist deshalb ein wichtiger Bestandteil der Hautbarriere. Viele Patienten mit Neurodermitis weisen Defekte in einer oder in beiden Kopien des Filaggrin-Gens auf. Dies galt auch für zwei Drittel der Studienteilnehmer, von denen 14 eine defekte und 15 zwei defekte Genkopien trugen. Letzteres führt zu einem schweren Krankheitsbild, das als Ichthyosis vulgaris bekannt ist. Ichthyosen (Fischschuppenkrankheit, altgriechisch ichthýs = Fisch) sind ein Sammelbegriff für genetisch bedingte Verhornungsstörungen der Haut, die durch eine starke Schuppung gekennzeichnet sind. Als Ursache der Ichthyosen wird eine gestörte Hautbarriere vermutet, die als Reparaturversuch eine verstärkte Hornhautbildung auslöst.
Drei verschiedene Cremes im Test
Die Patienten wurden zufallsgesteuert in drei Gruppen eingeteilt, die jeweils vier Wochen lang eine bestimmte Feuchtigkeitspflege anwendeten:
Miniderm®-Creme der Firma ACO HUD Nordic AB mit 20% Glycerol und einem Lipidgehalt von 23%, Propyless®-Creme der Firma MSD mit 20% Propylenglycol und einem Lipidgehalt von 9% oder Canoderm®-Creme der Firma ACO HUD Nordic AB mit 5% Harnstoff und einem Lipidgehalt von 22%.
Glycerol, Propylenglycol und Harnstoff sind stark wasserbindend (hygroskopisch), während die in den Pflegecremes enthaltenen Lipide die Haut undurchlässig für Wasser machen und somit die Barrierefunktion stärken sollen. Sowohl vor der vierwöchigen Anwendung der Pflegecreme als auch im Anschluss daran wurden die Hauttrockenheit, der Wasserverlust über die Epidermis (TEWL) sowie verschiedene Biomarker für die Funktionalität der Hautbarriere untersucht.
Der Grad der Hauttrockenheit wurde an den Unterarmen der Patienten ermittelt und auf einer Skala von 0-3 dargestellt. Dabei bedeutet ein Wert von 0, dass keine, ein Wert von 3, dass eine schwere Hauttrockenheit vorliegt. Vor der Anwendung der Feuchtigkeitscreme wiesen mehr als die Hälfte (53,3%) der Patienten mit zwei defekten Filaggrin-Genkopien Werte von 2 bis 3 auf der Trockenheitsskala auf, also mittelschwere bis schwere Hauttrockenheit. Von den Patienten mit nur einer defekten Genkopie waren dies 21,4% und von den Patienten mit zwei intakten Kopien des Filaggrin-Gens lediglich 7,1%.
Wasserverlust und Hautrockenheit werden verringert
Bei allen Patienten verringerten sich der Wasserverlust über die Oberhaut und die Hauttrockenheit durch die Anwendung der drei verschiedenen Feuchtigkeitspflegecremes, was zu einer Verbesserung des TEWL führte. So reduzierte sich die Zahl der Patienten, die Hauttrockenheitswerte von 2-3 aufwiesen, von insgesamt 12 vor der Behandlung auf 3 nach der Behandlung (Abb. 2). Dabei profitierten die Patienten, die vor der Anwendung am stärksten unter Hauttrockenhaut gelitten hatten, am stärksten von der Anwendung der Feuchtigkeitspflege.
Anders als erwartet beeinflusste die Behandlung allerdings Biomarker für die Funktionalität der Hautbarriere wie Entzündungswerte oder die Bildung von Lipiden kaum. Die verwendeten Cremes beheben also lediglich die Symptome der gestörten Hautbarriere, können diese aber nicht grundsätzlich wiederherstellen. Gleichzeitig zeigte sich aber auch, dass der Körper als Reaktion auf die äußere Zufuhr von Lipiden durch die Pflegecremes nicht die eigene Produktion an Lipiden reduziert. Wäre dies der Fall, würde die Verwendung der Feuchtigkeitspflege langfristig die Hauttrockenhaut noch verstärken. Da dies ausgeschlossen werden konnte, eignet sich die dauerhafte Verwendung von Feuchtigkeitscremes zur Linderung von Hauttrockenheit bei Neurodermitis.