Übermäßiger Haarwuchs (Hypertrichose)

Bei einer Hypertrichose kommt es in einem umschriebenen Bereich oder auf der gesamten behaarten Haut zu einer untypischen, übermäßigen Behaarung. Hypertrichosen können angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln.

Ein Fachbeitrag von
Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten
Übermäßiger Haarwuchs (Hypertrichose)

Zusammenfassung

Bei einer Hypertrichose kommt es in einem umschriebenen Bereich oder auf der gesamten behaarten Haut zu einer untypischen, übermäßigen Behaarung. Hypertrichosen können angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Die Behandlung muss sich stets nach der zugrundeliegenden Ursache richten.

Auf einen Blick

+ Auftreten Angeboren oder erworben (altersunabhängig)

+ Symptome Lokale oder generalisierte übermäßige Körperbehaarung, die nicht dem geschlechtertypischen Behaarungsmuster folgt

+ Einflussfaktoren Genetische Faktoren, Hormone, Mangelernährung, Medikamente, Entwicklungsstörungen, Tumorerkrankungen

+ Ansteckungsgefahr Keine Ansteckungsgefahr; manche Formen der Hypertrichose sind erblich

Vellusbehaarung

Einführung

Hypertrichose (auch: Hypertrichie) beschreibt ein Symptom, bei dem es zu einem im Vergleich zur geschlechtertypischen Behaarung verstärktem Haarwuchs kommt bzw. zu Behaarung an Körperstellen, die normalerweise unbehaart sind. Hierbei kann das übermäßige Haarwachstum entweder auf ein kleines Areal begrenzt (=zirkumskript) oder am gesamten Körper mit Ausnahme der Handflächen und Fußsohlen (=generalisiert) auftreten.

Hypertrichosen können entweder angeboren sein oder erst im Laufe des Lebens aufgrund verschiedener Ursachen (Medikamente, Reizungen der Haut, Tumoren) entstehen.
Generell werden Hypertrichosen entsprechend der oben genannten Eigenschaften eingeteilt in:

  • Angeborene generalisierte Hypertrichosen (z.B. Hypertrichosis lanuginosa congenita, Hypertrichosis universalis congenita, präpuberale Hypertrichose)
  • Angeborene zirkumskripte Hypertrichosen (Tierfellnaevus, Hypertrichosis dorsalis superior, Hypertrichosis dorsolumbalis, Melanosis naeviformis, Klein-Waardenburg-Syndrom)
  • Erworbene generalisierte Hypertrichosen (Hypertrichosis lanuginosa et terminalis acquisita)
  • Erworbene zirkumskripte Hypertrichosen (durch Medikamente, Haut- oder Nervenreizungen/Traumatisierungen)

Medizinhistorisch ist insbesondere das „Ambras-Syndrom“ als Sonderform der angeborenen Hypertrichose aufgrund der Berichte so genannter „Wolfsmenschen“ schon seit dem Mittelalter bekannt (Abb. 1).

Ursachen und Auslöser

Generell muss das exzessive Haarwachstum im Rahmen der vergleichsweise seltenen „Hypertrichose“ von dem häufigeren, androgenbedingten übermäßigen Haarwachstum (Hirsutismus) abgegrenzt werden, das lediglich bei Frauen als Folge einer übermäßigen Produktion männlicher Geschlechtshormone (Androgene) entsteht.

Die Ursachen für die verschiedenen Ausprägungen der Hypertrichose sind recht unterschiedlich und werden im Folgenden einzeln erläutert werden. Relevant für die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Varianten der Hypertrichose ist die Art der Behaarung.

derma.plus Expertenwissen: Körperbehaarung

Generell ist der Fetus vor seiner Geburt mit feinen, weichen, unpigmentierten und relativ langen Lanugohaaren bedeckt, die er im siebten bis achten Schwangerschaftsmonat verliert. Zunächst wachsen kurze Lanugohaare nach, die nach der Geburt bis zum dritten Lebensmonat durch kurze, dünne und nur wenig pigmentierte Vellushaare ersetzt werden. Im Kopfbereich (Kopfhaar, Wimpern, Augenbrauen) bilden sich ab dem dritten Lebensmonat bis zum zweiten Lebensjahr so genannte Intermediärhaare, die leicht pigmentiert und etwas dicker als das Vellushaar sind. Diese Intermediärhaare werden allmählich durch die lang wachsenden, dickeren und pigmentierten Terminalhaare ersetzt. Unter dem Einfluss von Androgenen kommt es ab der Pubertät auch im Bereich der Achseln, des Bartes und der Genitale zur Umwandlung der Vellus- in eine Terminalbehaarung.

Angeborene Hypertrichosen:

Hypertrichosis lanuginosa congenita

Ursächlich für diese Variante der angeborenen Hypertrichose ist ein sehr seltener genetischer Defekt, der zu einem Fortbestehen der fetalen Lanugohaare führt.
Die Veranlagung dafür wird autosomal dominant vererbt, sodass es zu einer familiären Häufung der Erkrankung kommt. Die betroffenen Kinder werden bereits mit einer übermäßigen Behaarung geboren, da die Lanugohaare, die den Fetus im Mutterleib bedecken, nicht wie normalerweise vor der Geburt (etwa im 8. Schwangerschaftsmonat) zurückgebildet werden. Die Lanugohaare wachsen, statt wie normalerweise durch kurze Vellushaare ersetzt zu werden, bis zum ersten Lebensjahr und fallen dann von der Körpermitte beginnend langsam aus.

Präpuberale Hypertrichose

Diese Form der Hypertrichose wird definiert als eine nicht seltene, bei gesunden Kindern auftretende verstärkte Behaarung mit Terminalhaar. Die Ursache konnte bislang nicht abschließend geklärt werden.
Das übermäßige Haarwachstum betrifft den ganzen Körper. Typisch ist ein niedriger Haaransatz, dichte Wimpern, zusammenwachsende Augenbrauen, ein Haarwirbel zwischen den Schulterblättern und stark behaarte Ellbogen. In der Regel nimmt das Ausmaß der Behaarung mit dem Alter zu.
Neben der präpuberalen Hypertrichose bei gesunden Kindern gibt es eine Reihe von Krankheitssyndromen, die neben einer Hypertrichose zu weiteren Veränderungen führen. Hierunter fallen das Cornelia-Lange-Syndrom, das Gingivafibromatose-Hypertrichose-Syndrom sowie das Osteochondrodyplasie-Hypertrichose-Syndrom.

  • Cornelia-de-Lange-Syndrom
    Hierbei handelt es sich um das gleichzeitige Auftreten mehrerer Fehlbildungen, deren Ursache vermutlich eine Genmutation (NIPBL-Gen) ist. Zusätzlich zur Hypertrichose kommt es bei den Betroffenen zu einem verminderten Geburtsgewicht, einem breiten Nasenrücken, häufigen Gaumenspalten, Minderwuchs, Microcephalie, Fehlbildungen der Gliedmaßen, Störungen des Magen-Darm-Traktes mit häufigem gastroösophagealem Reflux („Sodbrennen“) sowie zu einem verlangsamten und meist eingeschränkten geistigen Entwicklungsverlauf.
  • Fibromatose-Hypertrichose-Syndrom
    Bei der Fibromatose des Zahnfleischs (hereditäre Fibromatosis gingivae) handelt es sich um einen autosomal-dominant vererbten Gendefekt, der innerhalb der ersten Lebensjahre zu gutartigen bindegewebigen Verdickungen des Zahnfleisches führt. Diese Veränderungen gehen meist mit Hypertrichose oder anderen Veränderungen (z.B. Schwerhörigkeit, Hornhautdystrophie) einher. Es ist nicht abschließend geklärt, ob die Fibromatose und die Hypertrichie durch einen einzigen Gendefekt ausgelöst werden oder ob beide Merkmale genetisch eng gekoppelt sind und deshalb oft gemeinsam auftreten.
  • Osteochondrodysplasie-Hypertrichose-Syndrom
    Hierbei handelt es sich um einen genetischen Defekt, der autosomal-rezessiv vererbt wird und erhebliche Entwicklungsstörungen der Knochen (=Osteodysplasie) und Knorpel (=Chondrodysplasie) in Kombination mit einer stark vermehrten Körperbehaarung, groben Gesichtszügen und einer Vergrößerung des Herzens (Kardiomegalie) hervorruft. Teilweise treten auch Aortenstenosen und ein persistierender Ductus Arteriosus als weitere Entwicklungsstörungen des Herzens auf.
Hyprtrichose L0048003 Andenken an Lionel den Löwenmenschen<br /> Credit: Wellcome Library, London. Wellcome Images<br /> images@wellcome.ac.uk<br /> http://wellcomeimages.org<br /> Postcard showing Lionel der Löwenmensch or Lionel the Lion Faced Boy as he was known in English. Born in Poland in 1890 as Stephan Bibrowsky, he suffered from Hypertrichosis. He is shown here in exotic costume, reading, reclining on the ground his right elbow resting on a rock, with a studio set of a lake behind him and plants to either side. This postcard would probably have been sold as a souvenir at places where Lionel was exhibited as part of a freak or variety show.<br /> 1918 Andenken an Lionel den Löwenmenschen.<br /> Published: 1918<br /> Copyrighted work available under Creative Commons Attribution only licence CC BY 4.0 http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
Abb. 1: Alte Abbildung eines „Wolfsmenschen“

Hypertrichosis universalis congenita (Ambras-Syndrom)

Beim Ambras-Syndrom handelt es sich um eine sehr seltene Hypertrichose, die den ganzen Körper betrifft und autosomal-dominant vererbt wird. Die Erkrankung ist geprägt von einem exzessiven Wachstum der Vellushaare des ganzen Körpers mit Ausnahme der Handflächen, Fußsohlen, Fingerspitzen, Lippen und der Penisspitze. Die seidigen, silbergrauen bis hellblonden Vellushaare können bis zu 25 cm lang werden. Kopfhaar, Augenbrauen, Wimpern und Achselbehaarung können dunkel pigmentiert sein. Häufig bestehen zusätzlich zur Hypertrichose weitere Veränderungen wie Zahnanomalien und Veränderungen des Gesichtes (dreieckige Gesichtsform, grobe Gesichtszüge mit langem Nasenrücken, breite Lidspalten, verkürzte Unterlippe).

Naevus pigmentosus et pilosis

Ursächlich für diese nur lokal auftretende Veränderung ist eine so genannte naevoide Entwicklungsstörung mit einer Vermehrung von Haarfollikeln. Die angeborenen pigmentierten Nävuszellnävi haben eine meist stark pigmentierte, derbe Behaarung und können klein (unter 1,5 cm), mittelgroß (1,5-20 cm) bis groß (über 20 cm) sein. Eine Sonderform dieser Erkrankung ist das Touraine-Syndrom (Melanosis neurocutanea), bei dem ausgedehnte, angeborene pigmentierte Nävuszellnävi der Haut gleichzeitig mit gleichartigen pigmentbildenden Nävuszellansammlungen an der Hirnhaut auftreten. Über die Hälfte der betroffenen Kinder entwickeln einen okklusiven Hydrocephalus internus („Wasserkopf“) mit schweren neurologischen Störungen und/oder ein malignes Melanom (schwarzer Hautkrebs) in jungem Alter.

Melanosis naeviformis Becker

Diese ebenfalls naevoide Entwicklungsstörung tritt meist bei Jugendlichen auf. Es entwickelt sich ein Hautareal mit übermäßiger Pigmentierung und späterer Hypertrichose im Bereich der Schultern, des oberen Rumpfes oder der Oberarme.

Naevoide Hypertrichose

Hierbei handelt es sich um eine meist einzeln auftretende, klar abgegrenzte, fleckförmige Vermehrung von pigmentierten Terminalhaaren, die nicht mit weiteren Veränderungen der Haut einhergeht. Sie ist meist bei der Geburt bereits vorhanden oder entwickelt sich kurz danach.

Hypertrichose bei Dysraphismus

Kommt es zu einer büschelförmig verstärkten Terminalbehaarung, die lediglich auf einen Bereich über der Wirbelsäule des unteren Rückens (meist lumbosacral) beschränkt ist, geht diese Veränderung meist mit einem okkulten spinalen Dysraphismus (Spina bifida) einher.

derma.plus Expertenwissen: Spinaler Dysraphismus

Hierbei handelt es sich um eine Entwicklungsstörung, die mit einer Fehlbildung embryonaler Strukturen in der Mittellinie des Rückens einhergeht. Diese äußern sich klinisch in Form von Hautfisteln, Dermoidzysten, Diastematomyelie (gespaltenes Rückenmark), intraspinalen Lipomen, Hydrosyringomyelie, Lipomeningozelen, Myelomeningozelen (offene Spina bifida) und Neurofibromen. Lediglich die offene Spina bifida ist praktisch von außen nicht zu übersehen, die restlichen „okkulten“ (= nicht offensichtlichen) Formen werden jedoch meist erst beim Auftreten neurologischer Störungen oder von Begleiterscheinungen wie lokaler Hypertrichose diagnostiziert.

Weitere angeborene, umschriebene Hypertrichosen

Neben den oben genannten Formen der lokalen Hypertrichosen können unterschiedliche Sonderformen der angeborenen, nicht generalisierten Hypertrichosen auftreten:

  • Hypertrichosis pinnae auris: Umschriebene Hypertrichose der Ohrenhelix mit pigmentierten Terminalhaaren, die nur bei Männern vorkommt.
  • Hypertrichosis nasi: Hypertrichose im Bereich der Nase, ebenfalls pigmentierte Terminalhaare, ebenfalls ausschließlich bei Männern.
  • Hypertrichosis cubiti: angeborene dichte Vellusbehaarung im Bereich der Ellbogen. Die Behaarung nimmt in der Regel bis zum fünften Lebensjahr zu und normalisiert sich bis zur Pubertät dann wieder.

Nicht-angeborene (erworbene) Hypertrichosen:

Medikamentös bedingte Hypertrichose

Verschiedene Medikamente können als Nebenwirkung zu einem verstärkten Wachstum der pigmentierten Terminalhaare des gesamten Körpers führen. Hierzu gehören das Haarausfallmittel Minoxidil sowie Diazoxid, ein Wirkstoff, der zur Regulation des Blutzuckerspiegels eingesetzt wird. Die Haare bilden sich in der Regel nach Absetzen der entsprechenden Medikation zurück.

Symptomatische Hypertrichose

Von symptomatischen Hypertrichosen spricht man, wenn die verstärkte Behaarung in einem direkten Zusammenhang mit Stoffwechselstörungen oder anderen systemischen Erkrankungen auftritt. In der Regel ist die Hypertrichose auf den Körperstamm und die Extremitäten beschränkt, im Gesicht können an den Schläfen und im Bereich der seitlichen Wangen dunkel pigmentierte Haare erscheinen. Zu den möglichen Grundursachen für symptomatische Hypertrichosen gehören Porphyrien, Schilddrüsenunterfunktionen, Störungen des zentralen Nervensystems, Unterernährung, Aids sowie bösartige Tumoren der inneren Organe.

Prophyrien

Porphyrien sind in der Regel angeborene Störungen von Enzymen, die für die Produktion des roten Blutfarbstoffes (Häm) notwendig sind. Von den unterschiedlichen Varianten dieser Erkrankung gehen die so genannte Porphyria cutanea tarda, die Porphyria vaiegata und die kongenitale erythropoetische Porphyrie mit einer Hypertrichose einher. Diese ist besonders ausgeprägt in Bereichen, die häufig dem Licht ausgesetzt sind, bei Frauen an den Schläfen und den seitlichen Wangen, bei Männern im Bereich der Augenbrauen.

Schilddrüsenunterfunktion

Schilddrüsenunterfunktionen im Kindesalter gehen häufig mit Hypertrichosen im Bereich der Schläfen, des Rückens, der Schultern und der Arme und Beine einher, die nach medikamentöser Behandlung mit Schilddrüsenhormonen zurückgehen. Betroffene Kinder zeigen in der Regel weitere Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion wie verzögertes Wachstum, Müdigkeit, trockene Haut oder Verstopfungsneigung.

Störungen des zentralen Nervensystems

Im Zeitraum von bis zu vier Monaten nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma oder einer virusbedingten Entzündung des Gehirns (Virusenzephalitis) kann es zum plötzlichen Auftreten von feinen, nicht pigmentierten Lanugohaaren am gesamten Körper kommen. Selten wird dieses Phänomen auch bei Patienten mit Multipler Sklerose beobachtet. Die Ursachen für dieses Phänomen sind nicht abschließend geklärt.

Unterernährung

Bei massiver Unterernährung (Kachexie) kann ebenfalls eine generalisierte Hypertrichose auftreten. Ursächlich kommen eine Anorexia nervosa („Magersucht“), Absorptionsstörungen des Darmes und auszehrende Erkrankungen (z.B. Krebs, Miliartuberkulose) in Frage. Auch das Auftreten einer Hypertrichose in Verbindung mit einer Aids-Erkrankung kann auf eine Kachexie zurückzuführen sein. Hier spielen vermutlich zusätzlich weitere Faktoren (Veränderungen des Immunsystems, Porphyria cutanea tarda, Medikamente) eine Rolle.

Hypertrichosis lanuginosa acquisita (Paraneoplastisches Syndrom)

Hierbei handelt es sich um eine seltene Form der Hypertrichose, die als äußerlich erkennbares Symptom in Verbindung mit verschiedenen bösartigen Tumoren der inneren Organe (=paraneoplastisch) auftritt. Es kommt zu einem plötzlich einsetzenden, massiven Wachstum von Lanugohaaren im Gesicht, das sich dann auf Nacken, oberen Rücken und schließlich auf die Axillar- und Genitalregion ausbreitet, wo die Haare eine Länge von bis zu 15cm erreichen können. In der Regel ist die Grunderkrankung zum Zeitpunkt des Auftretens einer Hypertrichose schon sehr weit fortgeschritten und die Prognose entsprechend ungünstig.

Umschriebene, erworbene Hypertrichose

Aufgrund verschiedener Reizfaktoren kann es in einzelnen Hautbereichen zu einer spontan auftretenden Hypertrichose mit einer Umwandlung der Vellusbehaarung in Terminalhaare kommen. Die Hypertrichose tritt meist mit einiger zeitlicher Verzögerung nach der entsprechenden Reizung auf. Als Ursachen kommen neben wiederholten traumatischen Einwirkungen von außen (Gipsverband, Druck, Scheuern) und chronischen Entzündungen der Haut (in Randbereichen von Narben, nach Sklerotherapie, über Osteomyelitisherden) Störungen des neurovaskulären Systems (periphere Neuropathien, chronische venöse Insuffizienzen) sowie Therapien mit immunsuppressiven Medikamenten oder Interferon in Frage.

Symptome und Krankheitsverlauf

Generell kommt es im Rahmen einer Hypertrichose zu einem verstärkten Wachstum von Haaren (lokal begrenzt oder über den Körper verteilt), die nicht dem typischen Behaarungsmuster entspricht.

Von einem typischen männlichen Behaarungsmuster ist auszugehen, wenn der vermehrte Haarwuchs begrenzt ist auf

  • Kinn
  • Oberlippe
  • Ohrmuschel
  • Brust
  • Bauch
  • Vorder- und Innenseite der Oberschenkel
  • Schamregion.

Das Entstehen einer nicht genetisch bedingten Hypertrichose kündigt sich häufig durch starke Rötungen (Erytheme) auf der Haut an. Daraufhin beginnen zunächst kleine Haare auf den betroffenen Hautstellen zu wachsen. Im weiteren Verlauf nimmt der Haarbewuchs zu, wodurch ein mäßiger bis starker Juckreiz von den betroffenen Personen wahrgenommen wird.

Neben einem Haarwuchs auf ansonsten schwach- oder unbehaarten Körperstellen, ist auch das Wachstum der Wimpern, Augenbrauen und Bartbehaarung unnatürlich verstärkt.
Ein Begleitsymptom der Hypertrichose ist die vermehrte Aufnahme von Schweiß und somit eine Neigung zu verstärktem Schweißgeruch.

Die spezielle Symptomatik variiert je nach Art der Hypertrichose und wurde im vorangegangenen Abschnitt erläutert.

Diagnose und Differentialdiagnosen

Sobald ein Verdacht auf eine Hypertrichose besteht, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dieser rekonstruiert zunächst in einer Patientenbefragung (Anamnese) den Krankheitsverlauf und die Entwicklung der Symptome. Zur richtigen Einordnung möglicher Ursachen müssen in der Anamnese und der darauffolgenden Untersuchung das Alter der Patienten beim Auftreten der Hypertrichose, die Haarart, die Lokalisation der Behaarung bzw. das Behaarungsmuster, die Einnahme von Medikamenten sowie mögliche weitere Symptome oder das Auftreten ähnlicher Veränderung in der Familie der Betroffenen erfasst werden.
Eine Blutuntersuchung mit Bestimmung verschiedener Hormonkonzentrationen (Androgene, Schilddrüsen-, Hypophysen- und Nebennierenrinden-Hormone) kann Aufschluss über die Ursachen der Hypertrichose liefern. Bei Verdacht auf einen Organtumor kann neben einer Ultraschalluntersuchung bei entsprechender Indikation eine Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) zur Diagnosestellung notwendig werden.

Differentialdiagnostisch ist insbesondere bei Frauen ein hormonell bedingter Hirsutismus auszuschließen. Ursächlich hierfür kommen das polyzystische Ovarialsyndrom, androgenproduzierende Tumoren der Eierstöcke oder Nebennieren, ein Cushing-Syndrom oder die Einnahme bzw. der Missbrauch androgenhaltiger Medikamente (Anabolika, Glucocorticoide, Gestagene) in Frage.

Therapie und Behandlung

Die Abklärung der genauen Ursachen ist unerlässlich, um die richtige Therapieform zu wählen. Abhängig von den Gründen und dem Ausmaß der Hypertrichose, kommen unterschiedliche Behandlungsmethoden in Frage. Die Wahl der Therapie hängt neben dem Krankheitsbild auch entscheidend von den persönlichen Vorstellungen des Patienten ab und sollte immer individuell geplant werden.

Als kurzfristige Behandlungsmethode kommt im Allgemeinen eine gewöhnliche Rasur, eine Epilation, Laserepilation oder eine elektrische Verödung der Haarwurzeln (Elektroepilation) in Frage. Auch das Bleichen der Haare kann eine subjektive Verbesserung herbeiführen

Liegt der Verdacht auf bestimmten Medikamenten als Auslöser der Hypertrichose, stehen häufig alternative Medikationspläne zur Verfügung, dies sollte dann in Absprache mit dem behandelnden Spezialisten abgeklärt werden. Mitunter kann auch ein einfaches Absetzen der entsprechenden Medikamente in Erwägung gezogen werden.

Wurde ein hormonproduzierender Tumor diagnostiziert, kommt je nach seiner Art und Lage über eine chirurgische Therapie in Betracht. Alternativ kann eine Bestrahlungs- oder Chemotherapie in Erwägung gezogen werden.

Bei medikamenteninduzierten Hypertrichosen sollte mit dem behandelnden Arzt über die Möglichkeit eines Absetzens bzw. Wechsels der Medikation beraten werden. In der Regel verschwindet die übermäßige Behaarung nach Ende der Einnahme.
Entsprechend sollte bei hormonellen Fehlregulationen (z.B. bei Schilddrüsenunterfunktion) die Wiederherstellung der natürlichen Hormonspiegel angestrebt werden.

Besteht die Vermutung, dass die Hypertrichose durch Störungen des Nervensystems bedingt sind, sollte nach entsprechender Abklärung durch einen Facharzt eine Ursachentherapie eingeleitet werden.

Zur Behandlung eines androgen-bedingten Hirsutismus kann eine hormonelle Behandlung mit dem Ziel einer Reduzierung männlicher Geschlechtshormone eingesetzt werden.

Prävention und Vorbeugung

Einer genetisch bedingten Hypertrichose lässt sich nicht vorbeugen. Ansonsten sollte das Einnehmen von Stereoiden und anderen verbotenen hormonellen Drogen unterlassen werden. Auch die Anwendung bestimmter Medikamente birgt eine Gefahr, Hypertrichose hervorzurufen und sollte entsprechend nur bei eindeutiger Indikation stattfinden.

 

Quellen und weiterführende Literatur


Letzte Aktualisierung: 8. Dezember 2016

Der kostenfreie derma.plus Newsletter

Erhalten Sie nützliche Ratgeberinhalte zu dermatologischen Themen & Therapien – von unseren Experten verständlich für Sie aufbereitet!

© derma.plus. Alle Rechte vorbehalten.