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Nagelveränderungen bei kreisrundem Haarausfall: Wie hoch ist der Therapiebedarf?

Der kreisrunde Haarausfall ist eine Autoimmunerkrankung, bei der ein fehlgeleitetes Immunsystem die Haarwurzeln schädigt. In schweren Fällen zeigen sich oft zusätzlich Veränderungen an den Nägeln. Eine Selbstauskunft von Patienten ergab jedoch, dass die meisten von ihnen die Nagelveränderungen nicht als große Einschränkung empfinden und sich keine spezifische Behandlung dafür wünschen. Dies steht im Gegensatz zu […]
Nagelveränderungen bei kreisrundem Haarausfall: Wie hoch ist der Therapiebedarf?

Der kreisrunde Haarausfall ist eine Autoimmunerkrankung, bei der ein fehlgeleitetes Immunsystem die Haarwurzeln schädigt. In schweren Fällen zeigen sich oft zusätzlich Veränderungen an den Nägeln. Eine Selbstauskunft von Patienten ergab jedoch, dass die meisten von ihnen die Nagelveränderungen nicht als große Einschränkung empfinden und sich keine spezifische Behandlung dafür wünschen. Dies steht im Gegensatz zu Nagelveränderungen, die durch eine Schuppenflechte verursacht werden, und die von den Patienten als deutlich einschränkender empfunden werden.

Der kreisrunde Haarausfall (Alopecia areata) ist eine Form des Haarausfalls, die oft bereits Kinder und junge Menschen betrifft. Dabei fallen sehr plötzlich an einem begrenzten, meist kreisförmigen Areal an Kopfhaut, Augenbrauen, im Bartbereich oder am ganzen Körper so viele Haare aus, dass ein Stück der Haut freiliegt. Typischerweise erfolgt der Haarausfall sehr plötzlich und breitet sich dann kreisförmig aus. Bei den schwersten Verlaufsformen fehlen entweder alle Kopfhaare (Alopecia areata totalis) oder sogar die gesamte Körperbehaarung (Alopecia areata universalis). Zwischen 0,6 und 3,8 Prozent der Bevölkerung erkranken im Verlaufe ihres Lebens am kreisrunden Haarausfall, oft bereits vor dem 20. Lebensjahr.

 

Immunzellen schädigen die Haarwurzel

Die Alopecia areata gehört zu den Autoimmunerkrankungen, die auf einen fehlgeleiteten Angriff der Immunabwehr zurückgehen. Eine Entzündung schädigt die Haarwurzel und führt zum Ausfall des Haares. Normalerweise ist der Haarfollikel – als lebendiger und für das Wachstum verantwortlicher Teil des Haares – vor einem Angriff des Immunsystems geschützt. Dieses sogenannte immunologische Privileg geht jedoch bei Patienten mit kreisrundem Haarausfall verloren, so dass der Haarfollikel durch zytotoxische T-Lymphozyten geschädigt werden kann. Oft liegen bei den Patienten eine familiäre Veranlagung und weitere Autoimmunerkrankungen vor. In etwa 80 Prozent der Fälle ist der kreisrunde Haarausfall umkehrbar und die Haare wachsen spontan wieder nach. Ist dies nicht der Fall, wirkt sich die Alopecia areata oft negativ auf Körpergefühl und Selbstwahrnehmung aus, wodurch die Lebensqualität erheblich verringert sein kann. Eine Behandlung ist schwierig und erfolgt meist mit entzündungshemmenden Wirkstoffen oder solchen, die das Immunsystem generell unterdrücken.

 

Patientenbefragung ermittelt Behandlungsbedarf

Bei schweren Krankheitsbildern der Alopecia areata kommen häufig – und oft erst Jahre nach Krankheitsausbruch – Veränderungen an den Nägeln hinzu, die wie Haare Anhangsgebilde der Haut sind. Eine Studie der Niederländischen Patientenvereinigung bewertete nun mit Hilfe eines Fragebogens die Häufigkeit von Nagelbeteiligungen bei Menschen mit schweren Krankheitsformen sowie den Einfluss der Nagelveränderungen auf die Lebensqualität. Dazu erhielten 930 Mitglieder den Fragebogen und sollten anhand von Beispielfotos ihre Nagelveränderungen angeben. Etwas mehr als ein Drittel der Patienten schickte den ausgefüllten Fragebogen zurück. Von diesen Patienten litten 88,2% tatsächlich unter kreisrundem Haarausfall, während bei den restlichen Patienten andere Formen des Haarausfalls diagnostiziert wurden. Eine kleine Untergruppe von Patienten, die dem Fragebogen zufolge an einem hormonell bedingten androgenetischen Haarausfall litten, wurde als Kontrollgruppe herangezogen.

 

Nagelveränderungen korrelieren mit schweren Krankheitsbildern

Von den Patienten, die dem Fragebogen zufolge unter einer Alopecia areata litten, waren über 80 Prozent weiblich. Dreiviertel von ihnen zeigte eine der beiden schwersten Krankheitsformen, eine Alopecia areata totalis oder Alopecia areata universalis. Insgesamt berichteten mit 64 Prozent etwas über die Hälfte der Befragten von Nagelveränderungen, während sich in der Kontrollgruppe nur bei einem Drittel der Patienten Nagelveränderungen fanden. Dabei litten mehr als 65 Prozent der Patienten, bei denen die Nägel betroffen waren, unter einer Alopecia areata universalis, der schwersten Form des kreisrunden Haarausfalls. Im Durchschnitt traten die Nagelerscheinungen etwa acht Jahre nach dem Ausbruch der Krankheit auf und betrafen ausschließlich die Nagelwurzel, während das Nagelbett nicht betroffen war. Die häufigsten beobachteten Nagelveränderungen waren die Bildung von zu Längsrillen angeordneten Grübchen, brüchige Nägel, weiße Flecken auf der Nagelplatte (Leukonychia) und Nägel mit einer aufgerauten Oberfläche (Sandpapiernägel, Trachyonychie). Weiße Flecken und brüchige Nägel waren ebenso häufig in der Kontrollgruppe, rote Flecken im Nagelmond (Lunula) traten hingegen ausschließlich bei Patienten mit schweren Formen der Alopacia areata auf.

 

Der Leidensdruck durch Nagelveränderungen ist gering

Grafik Nagelbeteiligung
Therapiebedarf bei Nagelveränderungen. Nur etwa ein Drittel der Patienten wünscht sich eine Behandlung ihrer Nagelveränderungen. Dreiviertel der Patienten haben kein Vertrauen in den Erfolg einer Behandlung, während jeweils etwa 30 und 40 Prozent der Patienten befürchten, dass die Behandlung unangenehm oder zeitaufwändig wäre.

Etwas mehr als jeder Zehnte Patienten hatte bereits eine – meist erfolglose – Behandlung gegen die Nagelveränderungen hinter sich, etwa durch lokal wirksame, entzündungshemmende Glukokortikosteroide, Wirkstoffe gegen Pilzinfektionen oder die Einnahme von Vitaminen. Die meisten Patienten erlebten die Nagelveränderungen jedoch nicht als große Einschränkung der Lebensqualität. Nur etwa jeder Dritte von ihnen wünschte sich eine wirksame Behandlung, während zwei Drittel der Patienten der Meinung waren, dass die Nagelveränderungen nicht groß genug seien, um eine spezifische Therapie zu rechtfertigen (Abbildung). Außerdem glaubten Dreiviertel der Patienten nicht an einen Behandlungserfolg, und jeweils etwa 30 und 40 Prozent erwarteten, dass eine Behandlung unangenehm oder zeitraubend wäre.
Die meisten Patienten waren nicht bereit, mehr als fünf Minuten am Tag in eine Nagelbehandlung zu investieren. Damit ist der Einfluss der Nagelbeteiligung auf die Lebensqualität bei der Alopecia areata deutlich geringer als bei der Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris). Bei dieser chronisch-entzündlichen Krankheit ist die Nagelbeteiligung ausgeprägter, schmerzhafter und zeigt alle Zeichen einer Nagelbetterkrankung wie das Ablösen von Nägeln (Onycholysis). Zusätzlich scheint es aber möglich, dass die Patienten mit kreisrundem Haarausfall nicht ausreichend über die Möglichkeiten einer Nagelbehandlung informiert sind und deshalb einer Therapie kritisch gegenüber stehen.

 


Quellen und weiterführende Literatur

Literatur: Roest et al.; Nail involvement in alopecia areata: a questionnaire-based survey on clinical signs, impact on quality of life and review of the literature. Acta Derm Venereol 2018;98:212-217

Letzte Aktualisierung: 9. April 2018
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