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Studie – Antikörper als neue Therapieoption bei Neurodermitis

Durchbruch bei der Behandlung der schweren Neurodermitis steht unmittelbar vor der Zulassung: Dupilumab als neue Therapieoption Ein Beitrag von Frau Dr. rer. nat. Larissa Tetsch Die systemische Behandlung der schweren atopischen Dermatitis (synonym: Neurodermitis) hat häufig starke Nebenwirkungen. Sogenannte Biologika hemmen bestimmte zelluläre Prozesse meist sehr spezifisch und können deshalb nebenwirkungsarme Therapieoptionen darstellen. So unterdrückt […]
Ein Fachbeitrag von
Freie Redakteurin und Wissenschaftsautorin
Studie – Antikörper als neue Therapieoption bei Neurodermitis

Durchbruch bei der Behandlung der schweren Neurodermitis steht unmittelbar vor der Zulassung: Dupilumab als neue Therapieoption

Ein Beitrag von Frau Dr. rer. nat. Larissa Tetsch

Die systemische Behandlung der schweren atopischen Dermatitis (synonym: Neurodermitis) hat häufig starke Nebenwirkungen. Sogenannte Biologika hemmen bestimmte zelluläre Prozesse meist sehr spezifisch und können deshalb nebenwirkungsarme Therapieoptionen darstellen. So unterdrückt der Antikörper Dupilumab die Wirkung entzündungsfördernder Botenstoffe und dämpft damit die für die atopische Dermatitis typische überschießende Immunreaktion. Zwei klinische Phase-3-Studien belegen die Sicherheit und Wirksamkeit des Biologikums bei Patienten mit atopischer Dermatitis.

Die atopische Dermatitis ist eine chronische, immer wiederkehrende Entzündungskrankheit der Haut. Sie entsteht durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, zu denen eine Hochregulation spezifischer Typ-2-Immunantworten, eine geschädigte Hautbarriere und die übermäßige Besiedlung der Haut mit dem opportunistischen Bakterium Staphylococcus aureus gehören. Vor allem durch den starken Juckreiz der Ekzeme, dadurch bedingte Schlaflosigkeit, innere Unruhe und Depressionen wird die Lebensqualität der Patienten gemindert. Bei schwerer Krankheitsausprägung und großflächigem Hautbefall reicht oft eine äußere (topische) Behandlung mit entzündungshemmenden Glukokortiko­steroiden (wie Kortison) nicht mehr aus. Systemische entzündungshemmende und immununterdrückende Therapien haben jedoch meist starke Nebenwirkungen.

Eine neue Behandlungsoption bietet der Antikörper Dupilumab, der an die Rezeptoren für die zwei zellulären Botenstoffe Interleukin 4 und Interleukin 13 bindet. Diese dienen bestimmten Immunzellen zur Kommunikation und fördern Typ-2-Immunantworten, die bei der atopischen Dermatitis und generell bei allergischen Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Eine Hemmung der durch diese Interleukine ausgelösten Signalwege durch Bindung und Maskierung der Rezeptoren kann deshalb das überschießende Immunsystem dämpfen und die Krankheitssymptome reduzieren.

 

Vergleich zwischen Dupilumab und Placebo

Erste Studien haben gezeigt, dass Dupilumab bei Patienten mit atopischer Dermatitis, Asthma und chronischer Nasennebenhöhlenentzündung nebenwirkungsarm die Symptome reduziert, Entzün­dungs­antworten moduliert und die Funktion der Hautbarriere verbessert. In zwei parallel durchgeführten, klinischen Phase-3-Studien wurde der Wirkstoff nun im Vergleich zu einem wirkstofffreien Placebo an Patienten mit chronischer, mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis getestet. An den beiden Studien nahmen 671 bzw. 708 Patienten aus Nordamerika, Europa und Asien teil, die zufallsgesteuert (randomisiert) im Verhältnis 1:1:1 auf drei Gruppen verteilt und 16 Wochen lang behandelt wurden. Eine Gruppe erhielt einmal wöchentlich eine subkutane Injektion mit 300 mg Dupilumab. Die zweite Gruppe erhielt die gleiche Wirkstoffinjektion nur jede zweite Woche und in den übrigen Wochen das Placebo. Die dritte Gruppe erhielt wöchentlich eine Injektion des Placebos. Weder die Patienten noch die Ärzte wussten, welcher Gruppe der jeweilige Patient zugeordnet war (doppelt-blinde Studie).

Die Patienten durften keine zusätzlichen Medikamente zur Behandlung der Hautläsionen verwenden, wurden aber im Notfall medizinisch versorgt, worauf sie meist aus der Studie ausschieden. Nach 16 Wochen wurde die Symptomreduktion anhand des Investigator’s Global Assessment (IGA) bewertet, einer Skala, die von 0 (keine Symptome) bis 4 (starke Symptome) reicht. Als erfolgreich wurde die Therapie bewertet, wenn die Patienten auf der Skala 0 oder 1 Punkt erreichten und mindestens zwei Punkte weniger aufwiesen als vor der Therapie. Außerdem wurde der Befallsgrad der Haut anhand des Eczema Area and Severity Index (EASI) erfasst und die subjektive Wirkung der Therapie ermittelt.

 

Dupilumab verbessert die Lebensqualität

Die Parallelstudien zeigten nahezu identische Ergebnisse. Von den Patienten, die wöchentlich oder jede zweite Woche mit Dupilumab behandelt worden waren, erreichten zwischen 38% und 36% das Therapieziel, die Reduktion des Schweregrads der Krankheitssymptome um mindestens zwei IGA-Skalenpunkte und damit weitgehende Beschwerdefreiheit (Abb. 1). In den Kontrollgruppen der beiden Studien gelang dies nur 10% bzw. 8% der Patienten. Außerdem zeigten deutlich mehr Patienten, die mit Dupilumab behandelt worden waren, eine 75%ige Reduktion der Hautläsionen (EASI-75) (Abb. 2). Durchschnittlich reduzierte sich der Befallsgrad der Haut um zwischen 67% und 72% bei den mit Dupimulab behandelten Patienten im Vergleich zu 31% bzw. 38% in den Kontrollgruppen. Zusätzlich reduzierte sich bereits in der zweiten Woche der Behandlung der Juckreiz, die innere Unruhe und Depressionen, während sich gleichzeitig die Schlaf- und Lebensqualität verbesserte. Auch erhielten mit zwischen 15% und 23% deutlich weniger Patienten, die mit Dupilumab behandelt worden waren, eine Notfallbehandlung als in der Placebogruppe mit 51% und 52%.

 

 

Die Nebenwirkungen, die häufiger als in der Placebogruppe vorkamen, waren Hautreaktionen an der Einstichstelle der Injektion und Bindehautentzündungen. Letztere waren dagegen in früheren Studien nicht häufiger aufgetreten als in der Placebogruppe. Im Anschluss muss nun in weiteren Studien die Langzeitwirkung von Dupilumab untersucht werden. Zudem laufen Studien zur Wirksamkeit von Dupilumab in Kombination mit klassischen entzündungshemmenden Wirkstoffen. Verschiedene Studien haben außerdem bereits die Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern bestätigt, die häufiger an atopischer Dermatitis erkranken als Erwachsene und oft im besonderen Maße unter dem Juckreiz leiden.

 


Quellen und weiterführende Literatur

Letzte Aktualisierung: 1. Mai 2017
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