Zusammenfassung
Die Kopfpsoriasis kann die alleinige klinische Erkrankung der Schuppenflechte sein oder eines ihrer Teilsymptome. Die Erkrankung belastet die Betroffenen teilweise sehr stark. Wie auch bei der Schuppenflechte verläuft die Kopfpsoriasis mehrheitlich chronisch. Schuppen-lösende Maßnahmen werden bei der Behandlung mit antientzündlichen kombiniert. In schweren Fällen ist auch eine innerliche Behandlung zur Erzielung einer Abheilung notwendig.
Auf einen Blick
+ Auftreten Häufiger Manifestationsort bei Psoriasis und bei 25% der Patienten sogar der erste Auftretensort der Psoriasis
+ Symptome Häufig besteht eine starke psychische Belastung durch die Erkrankung; Rezidive sind die Regel, so dass eine kontinuierliche Behandlung mehrheitlich erforderlich ist
+ Behandlung Die äußerliche Behandlung ist die Behandlung der ersten Wahl; Ist die Schuppung sehr ausgeprägt, muss die Behandlung neben der antientzündlichen Therapie mit einer Schuppenablösenden kombiniert werden; Alle Systemtherapien der Psoriasis verbessern auch die Kopfpsoriasis
+ Ansteckungsgefahr nicht-infektiös
Einführung
Ein Befall der Kopfhaut wird in 50-80% bei Patienten, die an einer Psoriasis erkranken, beobachtet. Die Kopfpsoriasis (Synonym: Psoriasis capitis) weist eine Punktprävalenz von 1,5 – 2% auf und stellt bei etwa einem Viertel der Psoriatiker den Ort des Erkrankungsausbruchs dar. Weltweit wird die Zahl der an einer Kopfhautpsoriasis Erkrankten auf 125 Millionen Menschen geschätzt. Die Psoriasis kann auch isoliert an der Kopfhaut auftreten.
Symptome und Krankheitsverlauf
Das klinische Bild ist durch eine Rötung der Kopfhaut gekennzeichnet, die in Abhängigkeit vom Entzündungsgrad dezent, aber auch intensiv rot sein kann. Zusätzlich besteht eine unterschiedlich ausgeprägte Schuppung, die in schweren Fällen plattenartig ausgebildet sein kann. Die Kopfhaut spannt und häufig besteht Juckreiz. Zudem ist der Kopfhautbefall auch subjektiv äußerst belastend, was Untersuchungen zum Selbstwertgefühl oder zur sozialen Kommunikation wiederholt zeigen konnten.
Diagnose und Differentialdiagnose
Die wichtigsten Differentialdiagnosen sind das seborrhoische und das atopische Kopfekzem.
Tabelle 1: Differentialdiagnosen der Psoriasis capitis und Abgrenzungsmöglichkeiten
Erkrankung | Abgrenzung zur Psoriasis capitis |
---|---|
seborrhoisches Kopfekzem | Hautveränderungen sind auf die Kopfhaut beschränkt und überschreiten nicht die Stirn-Haargrenze Schuppung und Rötung geringer ausgeprägt kein Nagel- oder Analfaltenbefall |
atopisches Kopfekzem | Juckreiz sehr stark mit massiven Kratzexkoriationen Schuppung geringer ausgeprägt bakterielle Superinfektionen häufig häufig auch assoziiert mit Ekzemen an typischen Prädilektionsstellen wie den großen Beugen |
Therapie und Behandlung
Die äußerliche Behandlung ist bei den meisten Patienten die Therapie der ersten Wahl. Wichtig ist die konsequente Behandlung der Entzündung (antiinflammatorische Therapie), die für die Schuppung verantwortlich ist. Diese Behandlung muss durch den Arzt verordnet werden. Zusätzlich kommt jedoch in Abhängigkeit der Schuppung bedarfsweise eine schuppenablösende (keratolytische Therapie) zum Einsatz.
Behandlung der Schuppung
Harnstoff (Urea-), Milchsäure- und Salicylsäure-haltige Präparate werden immer noch vielfach hierfür verwendet. Im Praxisalltag hat sich jedoch ein rezeptfreies Oleogel (BabyBene® -Gel) als wirksamste Therapie gezeigt. Die Applikation des Gels erfolgt vorzugsweise über Nacht mit Auswaschen am nächsten morgen. Bei Bedarf kann die Behandlung bis zur vollständigen Ablösung aller Schuppen beliebig wiederholt werden (Tab. 2).
Antientzündliche Behandlung – Kortison- und Kortisonkombinations-Therapie
Nach Entfernung der Schuppen ist das Ziel der Behandlung die konsequente Behandlung der Hautentzündung, die in der Regel mit topischen Kortisonpräparaten bzw. Kombinationspräparaten durchgeführt wird. Die verwendeten Präparate sind rezeptpflichtig. Für die Applikation der topischen Steroide stehen verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung wie Emulsion, Shampoo oder Spray (Tab. 2). Die eingesetzten Kortisone haben eine unterschiedliche Wirkstärke wie Clobetasol (Klasse IV; stärkste Klasse), Betamethasonvalerat (Klasse III) oder Mometasonfuroat (Klasse III). Häufig wird auch die Kombination des Klasse III-Steroids Betamethasonvalerat mit dem Vitamin D3-Analogon Calcipotriol verwendet (Tab. 2). Dithranol (synonym auch Cignolin oder Anthralin genannt) ist seit 1916 als sehr wirksamer Bestandteil der äußerlichen Psoriasistherapie bekannt. Dithranol wirkt entzündungshemmend über eine Verminderung von bestimmten Immunzellen, bremst die für die Psoriasis typische rasche Zellerneuerung und verbessert die Differenzierung der Hautzellen. Eine Verdünnung der Haut (Atrophie) tritt unter einer Behandlung mit Dithranol nicht auf. Es ist die topische Substanz in der Psoriasis-Therapie, durch die sich die längsten Abheilungsraten erzielen lassen. Das Problem des Cignolins ist, dass es in Kontakt mit Sauerstoff bräunlich-schwärzlich oxidiert und bei Kontakt Kleidungsstücke und auch die Haut verfärbt. Bei der Behandlung der Kopfpsoriasis wird Dithranol als Minutentherapie kurzfristig appliziert und dann abgewaschen (Tab. 2). Auch Teer verfügt über eine gute antipsoriatische Wirkung und kann mittels eines rezeptpflichtigen Shampoos zur Anwendung gelangen (Tab. 2). Eine Phototherapie mittels Verwendung von Lichtkämmen wird unterschiedlich beurteilt und ist als unterstützende Behandlung aufzufassen, die mit topischem Kortison und Dithranol kombiniert werden kann.
Tabelle 2: Behandlung der Kopfpsoriasis
Schuppenablösend | BabyBene® - Gel vorzugsweise Applikation über Nacht, mehrfaches Auftragen möglich |
Antientzündlich | Steroide als Einzelsubstanz |
Clobetasolpropionat 0,1% (z.B. Clarelux®, Clobex®) Betamethasonvalerat 0,1% (Deflatop®) Mometasonfuroat (z.B. Monovo® Emulsion) |
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Steroid-Vitamin D3-Analogon | |
Betamethasonvalerat 0,5% - Calcipotriol (Daivonex® Gel) |
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Kortisonalternative Behandlung | Dithranol Dithranol 0,25% bzw. 0,5% Salicylsäure 5% in Silix® Waschöl ad 100,0 beim Auftragen konsequent Einmalhandschuhe verwenden Therapieprotokoll: Beginn mit 0,25% -Formulierung Applikationszeit: 10 Minuten alle 3 Tage Steigerung um 5 Minuten 15 Minuten f. 3 Tage 20 Minuten f. 3 Tage 25 Minuten f. 3 Tage 30 Minuten f. 3 Tage falls keine vollständige Abheilung erzielt, Wechsel auf 0,5%ige -Formulierung und Steigerung analog dem Vorgehen bei der 0,25igen Formulierung |
Teer | Steinkohlenteerlösung 4% (Tarmed Shampoo) |
UV | mittels Lichtkamm mit Schmalspektrum-UVB |
Lässt sich unter einer intensiv durchgeführten topischen Kombinationsbehandlung kein befriedigendes therapeutisches Ergebnis erzielen, ist die Indikation für die Systemtherapie gegeben und zwar auch für den Fall, dass die Kopfhautpsoriasis die alleinige Manifestationsform der Psoriasis ist. Dieses Vorgehen steht im Einklang mit der derzeit noch gültigen Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Obwohl eigene Studien zur Kopfhautpsoriasis fehlen, wissen wir aufgrund unserer jahrelangen klinischen Erfahrung, dass alle für die Psoriasis eingesetzten Systemtherapeutika in der Lage sind, auch den Kopfhautbefall im Rahmen der allgemeinen Verbesserung günstig zu beeinflussen.
Therapieempfehlungen der derma.plus Experten
BabyBene ® – Gel ist ein sehr wirksamer Schuppenlöser, der die nachfolgende antientzündliche Behandlung rascher zum Erfolg führt, für die die Kombination aus Betamethason und Vitamin D3 häufig gut funktioniert. Die Cignolin-Behandlung im Rahmen der Minutentherapie ist eine sehr wirksame Therapiealternative.
Quellen und weiterführende Literatur
- Mason AR et al.; Topical treatment for chronic plaque psoriasis of the scalp: a systematic review. Br J Dermatol 2013;169:519-527
- Nast A et al.; S3-guidelines on the treatment of psoriasis vulgaris. J Dtsch Dermatol Ges 2012;10 (Suppl. 2:S1-S95)
- Schlager JG et al.; Topical treatments for scalp psoriasis: summary of a Cochrane systematic review. Br J Dermatol. 2017;176:604-614
- Wang TS, Tsai TF Managing scalp psoriasis: an evidence-based review. Am J Clin Dermatol 2017;18:17-43
- Zeichner JA Use of topical coal tar foam for the treatment of psoriasis in difficult-to-treat areas. J Clin Aesthet Dermatol 2010; 3:37-40
Letzte Aktualisierung: 26.04.2017