Zusammenfassung
Die polymorphe Lichtdermatose (PLD) ist die häufigste durch Sonnenlicht ausgelöste Hauterkrankung. Der populäre Name „Sonnenallergie“ ist dabei irreführend, da es sich nicht um eine allergische Reaktion handelt – die Symptome sind jedoch ähnlich. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Prävention spielt die wichtigste Rolle im Therapiekonzept
Auf einen Blick
+ Auftreten vor allem im Alter zwischen 20-30 Jahren, Frauen wesentlich häufiger betroffen
+ Symptome häufig einige Stunden nach Sonnenexposition Rötungen, Knötchen, Bläschen im Bereich der sonnenexponierter Hautareale mit Ausnahme des Gesichts, subjektiv Juckreiz
+ Einflussfaktoren durch UV-Strahlung hervorgerufen, immunologisch, genetisch, heller Hauttyp
+ Ansteckungsgefahr keine
Einführung
Die polymorphe Lichtdermatose (PLD), im Volksmund fälschlicherweise vielfach als „Sonnenallergie“ bezeichnet, ist die häufigste durch Sonnenlicht ausgelöste Hautkrankheit. Über die Ursachen ist bisher noch nicht viel bekannt (daher auch als „idiopathische“ Photodermatose bezeichnet). Die Lebenszeitprävalenz liegt bei 18%, wie Daten einer multieuropäischen Studie an fast 7000 Personen ergaben. Das bedeutet, dass 18% der europäischen Bevölkerung zumindest einmal in ihrem Leben unter der polymorphen Lichtdermatose leiden. Frauen erkranken dabei häufiger als Männer und zwar im Verhältnis 5:2. Die „Sonnenallergie“ ist eine Hauterkrankung, die oft während des Urlaubs in Regionen mit hoher UV-Belastung erworben wird. Sie zählt somit zu den häufigsten Urlaubsdermatosen.
Es wurde nachgewiesen, dass eine positive Korrelation mit den UV-Licht sensitiveren Hauttypen I und II nach Fitzpatrick besteht. Thomas Fitzpatrick war ein amerikanischer Dermatologe, der 1975 ein System zur Klassifizierung der Hauttypen vorstellte, welches noch heute gebräuchlich ist. Das Aussehen einer Person gilt als Indiz für den Hauttyp, aber letztlich zählt der Eumelaningehalt in der Haut, also der Gehalt jenes Pigments, das in der Haut und in den Haaren für die Färbung verantwortlich ist. Eumelanin kommt vermehrt bei dunkelhaarigen und dunkelhäutigen Menschen vor. Ein hoher Eumelaningehalt schützt vor Sonneneinstrahlung und Hautkrankheiten wie Hautkrebs und eben auch der polymorphen Lichtdermatose. Die Hauttypen I und II sind die beiden hellsten Hauttypen („keltisch“ und „nordisch“ nach Fitzpatrick) und dementsprechend die anfälligsten gegenüber Sonneneinstrahlung.
Weltweit spielt der Breitengrad für die Häufigkeit des Auftretens eine Rolle und ist in Europa deutlich höher als in Australien (etwa 5% der Bevölkerung) oder Singapur (nur ca. 1 % der Bevölkerung). Jedoch gilt diese strenge Korrelation nach Breitengrad unerwarteterweise nicht innerhalb Europas. Eine Sonnenallergie kann in jedem Lebensalter auftreten, allerdings kommt es im Alter zwischen 20 und 30 Jahren zu besonders vielen Neuerkrankungen (Erkrankungsgipfel).
Die Hautveränderungen manifestieren sich in der Regel im Frühjahr oder Frühsommer oder während des Sommerurlaubs in UV-reichen Gegenden. Gewöhnlich lässt sich eine Besserung der Beschwerden bei anhaltender UV-Exposition feststellen.
Ursachen und Auslöser
Obwohl die Ursachen und Mechanismen hinter dem Krankheitsbild bis heute nicht geklärt sind, wird eine immunologische Ursache hinter der polymorphen Lichtdermatose (Sonnenallergie) vermutet. Besonders die fürs Immunsystem wichtigen T-Zellen, die bei Krankheitserregern die Immunantwort steuern, könnten fehlerhaft agieren und die unter Sonnenlichteinfluss gebildeten Neoantigene bekämpfen. In diesem Prozess spielen reaktive Sauerstoffspezies eine wichtige Rolle, worauf die bei Erkrankten nachgewiesenen Variationen im Glutathion-S-Transferase-Gen hinweisen.
Das auslösende Lichtspektrum liegt bei 80% der Patienten im UVA-Bereich, bei etwa 10% im UVA und UVB-Bereich und bei den Übrigen 10% im UVB-Bereich.
Diagnose und Differentialdiagnose
Personen, bei denen es nach kurzzeitiger Sonnenexposition zu einem juckenden Hautausschlag kommt, der nicht als Sonnenbrand gewertet werden kann, stehen im klinischen Verdacht einer Sonnenallergie. Je nach Patient können unterschiedliche Anteile des Sonnenlichts, das aus Licht verschiedener Wellenlängen besteht, die Allergiesymptome auslösen. Mittels Photoprovokationstestungen kann das für den Patienten individuelle Lichtspektrum (=Aktionsspektrum) ermittelt werden, das die Symptome verursacht. Bei der Photoprovokationstestung werden kleine rechteckige Hautareale mit Licht unterschiedlicher Wellenlängen bestrahlt, um zu schauen, bei welchem Spektrum die Haut eine Reaktion zeigt. Das Verfahren der Photoprovokationstestung kommt jedoch nicht routinemäßig zur Anwendung.
Als Differentialdiagnosen der polymorphen Lichtdermatose kommen etliche weitere durch Sonneneinstrahlung hervorgerufene Krankheiten in Betracht. Sollte eine einfache Blickdiagnose nicht zufriedenstellende Sicherheit bei der Diagnose liefern, kann mithilfe der Photoprovokationstestung Sicherheit erlangt werden. Wichtig ist hierbei, dass andere als „Sonnenallergie“ bezeichnete Krankheiten sich durch diesen Test verschlimmern können. Daher müssen diese zunächst ausgeschlossen werden. Zu den häufigsten Verwechslungen kommt es mit der Sonnenurtikaria, aktinische Prurigo, der Mallorca-Akne, Lupus erythematodes und weiteren Hauterkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen, aber nicht zu der Gruppe der Lichtdermatosen gehören.
Symptome und Krankheitsverlauf
Die Hautveränderungen der polymorphen Lichtdermatose treten symmetrisch und in der Regel bei den Sonnenexponierten Arealen auf, die im Winter bedeckt waren. Dies erklärt auch, warum das Gesicht mehrheitlich nicht betroffen ist. Die Erkrankung weist eine große morphologische Vielfalt unter den Betroffenen auf. Das heißt, dass die Symptome und Beschwerden der polymorphen Lichtdermatose von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein können. Dieses polymorphe (vielgestaltige) Erscheinungsbild gab der Erkrankung auch ihren Namen. Rötungen, Knötchen, Bläschen, Papulovesikel, Quaddeln, Insektenstich-ähnliche Läsionen und multiforme Hautveränderungen sind möglich. Der einzelne Betroffene entwickelt immer nur eine Variante der Hautveränderungen. Eine Sonderform der polymorphen Lichtdermatose ist die Frühlingsperniosis.
Das Zeitintervall zwischen der UV-Exposition und dem Auftreten der Hautveränderungen beträgt in der Regel zwei bis acht Stunden, kann aber in seltenen Fällen auch 24 Stunden und länger betragen. Typisch bei der „Sonnenallergie“ ist der bestehende starke Juckreiz.
Therapie und Behandlung
Zur Behandlung der akuten, juckenden Hautveränderungen bei einer polymorphen Lichtdermatose sind lokal anzuwendende Steroide, bei ausgeprägten Verläufen sogar die kurzzeitige Gabe oral einzunehmender Steroide, angemessen. Antihistaminika sind nicht wirksam bei Fällen der polymorphen Lichtdermatose. Am effektivsten hat sich eine sorgfältige Prävention erwiesen.
Zur Selbstbehandlung einer polymorphen Lichtdermatose steht das nicht sehr wirksame Hydrocortison zur Verfügung, außerdem eine Reihe von Mitteln, die den Juckreiz unterdrücken, insbesondere orale und lokal anzuwendende Antihistaminika. In seltenen Fällen kann der Einsatz von Immunsuppressiva sinnvoll sein, also von Wirkstoffen, die eine überschießende Reaktion des Immunsystems drosseln können. Außerdem existieren Hautpflegemittel zur Linderung der Beschwerden, die als Hydrolotionen oder Schaumsprays verfügbar sind. Ein einfaches Hausmittel sind feuchte Handtücher, die auf die juckenden Stellen aufgelegt werden.
Prävention und Vorbeugung
Da die Hautveränderungen durch UV-Exposition als einzigen Irritationsfaktor hervorgerufen werden, ist ein moderater Umgang mit der Sonne wichtig. Ein vollständiges Meiden der UV-Strahlung ist jedoch nicht immer möglich und auch nicht erwünscht, insbesondere im Urlaub. Hier kommt dem Einsatz von Sonnenschutzmitteln eine große Bedeutung zu.
Der auslösende Wellenlängenbereich der PLD liegt überwiegend im UVA-Bereich (320-400 nm) und nur zu einem geringem Anteil im UVB-Bereich (280-320 nm). Deshalb ist für das einzusetzende Sonnenschutzmittel ein ausreichend hoher UVA-Schutz essentiell. In unserem Journalbeitrag zum Thema lesen Sie, wie Sie sich am besten vor UV-Strahlung schützen.
Für wenige Sonnenschutzmittel liegen kontrollierte Studien zur wirksamen Verhinderung der PLD vor. Für daylong® mit Lichtschutzfaktor 50 konnte eine solche Schutzwirkung beispielsweise gezeigt werden.
Die pathogenetische Bedeutung freier Radikale, die infolge oxidativen Stresses unter UVA auftreten, bildet die wissenschaftliche Basis für einige Kombinationspräparate auf dem Markt, die neben einem ausreichenden UV-Schutz über zusätzliche antioxidative Eigenschaften verfügen. Polypodium leucotomas (PL) ist eine interessante Substanz, deren Wirkung im Rahmen der Prävention der PLD durch entsprechende Studien gesichert gezeigt werden konnte. PL ist ein in Zentralamerika beheimateter Farn, der als Heilmittel der traditionellen Medizin weitverbreitet in den Ländern Mittel- und Südamerikas eingesetzt wird. Extrakte von PL verfügen über relevante antioxidative, immunmodulierende und photoprotektive Eigenschaften. Das Extrakt steht zur oralen und topischen Anwendung zur Verfügung. Die orale Gabe von 480 mg/Tag PL-Extrakt (Heliocare® Kapseln bzw. ultra) führte nach kontrollierter Photoprovokation zu einer signifikanten Besserung der Beschwerden bei Patienten mit PLD. Der kombinierte Einsatz eines PL-enthaltenden UV-Blockers (Heliocare® 50+) mit gleichzeitiger oraler PL-Gabe ist eine sehr wirksame Präventions- bzw. Behandlungsoption für alle Personen, die an einer polymorphen Lichtdermatose leiden.
Bei schweren Fällen ist ein UV-Hardening (Lichtabhärtung der Haut) mit Schmalband (311nm)-UVB oder mittels PUVA-Therapie eine zeitintensive therapeutische Option. In sehr schweren Fällen kann auch eine systemische immunsuppressive Therapie angezeigt sein.
Unter UV-Hardening versteht man eine ärztlich durchgeführte Lichttherapie der Haut, um bei schweren Fällen der PLD den körpereigenen Lichtschutz zu aktivieren. Die Behandlung wird mit kontinuierlich gesteigerten Dosen UV-Lichts durchgeführt. Idealer Zeitpunkt für den Start der Behandlung ist ca. 6-8 Wochen vor Beginn der natürlichen UV-Belastung durch sonnenreiche Tage.
Ausblick: Jüngste wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass Mastzellen in der Lage sind, den durch UV-Licht hervorgerufenen Juckreiz zu unterdrücken. Bei Sonnenallergie-Patienten konnte überdies gezeigt werden, dass die Zahl der Mastzellen bei ihnen im Vergleich zu Gesunden erniedrigt ist, ihre Zahl nach einem durchgeführten UV-Hardening allerdings ansteigt. Die Daten weisen auf eine Bedeutung der Mastzellen bei der polymorphen Lichtdermatose hin, weshalb diese heute in den Fokus gerückt sind, um neue, wirksamere Präparate zur Prävention der polymorphen Lichtdermatose zu entwickeln.
Therapieempfehlungen der derma.plus Experten
Bei Patienten mit polymorpher Lichtdermatose ist eine gute Prävention die beste Therapie. Wichtig für die Prävention der polymorphen Lichtdermatose ist zunächst das richtige Sonnenverhalten, welches den Aufenthalt im Schatten und eine kontinuierliche Sonnengewöhnung einschließt. Dann hat sich die Kombination von Heliocare® Kapseln (Beginn drei Tage vor Urlaubsantritt und die kontinuierliche Einnahme während des Urlaubs) und dem Heliocare®-Lichtschutz (tägliche Anwendung mit wiederholtem Auftragen nach dem Baden oder nach dem Sport) meiner Praxis-Erfahrung nach als die wirksamste Methode zur Prävention herausgestellt. Zahlreiche meiner Patienten sind hierdurch in der Lage, einen Sonnenallergie-freien Urlaub zu verbringen. Ich rate den Patienten zusätzlich für den Notfall eine Kortisoncreme und -tabletten mitzuführen und verordne diese Medikamente auch bei schweren Fällen der Sonnenallergie.
Quellen und weiterführende Literatur
- de Gruijl FR The mastocyte: the off switch of UV itch. Exp Dermatol 2015;24:489-490
- Gruber-Wackernagel A, Byrne SN, Wolf P Polymorphous light eruption: clinical aspects and pathogenesis. Dermatol Clin 2014;32:315-334
- Hönigsmann H Polymorphic light eruption. Photodermatol Photoimmunol Photomed 2008;24:155-161
- Rhodes LE, Bock M, Janssens A et al. Polymorphic light eruption occurs in 18% of Europeans and does not show higher prevalence with increasing latitude: multicenter survey of 6,895 individuals residing from the Mediterraneum to Scandinavia. J Invest Dermatol 2010;130:626-628
- Tanew A, Radakovic S, Gonzalez S, Venturini M, Calzavara-Pinton P Oral administration of a hydrophilic extract of Polypodium leucotomos for the prevention of polymorphic light eruption. J Am Acad Dermatol 2012;66:58-62